Kommentar Steuerstreit: Kompromiss um jeden Preis

Schwarz-Gelb geht im Steuerstreit ziellos, beratungsresistent und handwerklich schlecht vor.

Das Gezerre, das um geplante Steuersenkungen in der Union eingesetzt hat, ist ein Symptom. Es zeigt, wie realitätsfern dieses zentrale Projekt der schwarz-gelben Koalition ist. Das Versprechen, mitten in einer schweren Wirtschaftskrise ließen sich mal eben die Steuern senken, erweist sich als unhaltbar. Gerade mal zwei Monate nach Start der Regierung zwingt es die Koalition zu Verrenkungen, die kaum vermittelbar sind.

Zwar ist es bei Steuerreformen gang und gäbe, dass sich die Bundesregierung die Zustimmung der Länder mit Geschenken erkauft. Doch in diesem Fall mutet es abenteuerlich an: Die Koalition entwirft ein Gesetz, das angeblich Wachstum fördern soll, aber nur Geld an Privilegierte verteilt: an gut verdienende Familien, Firmenerben und Hoteliers, die sich über niedrige Mehrwertsteuersätze freuen können. Wirtschaftsexperten jedweder Couleur sind sich einig, dass diese Ideen vieles bewirken, nur kein Wachstum.

Eine ganze Reihe von Ministerpräsidenten, die selbst der Union angehören, sagt voraus, dass das Gesetz für ihre Länderhaushalte vernichtende Wirkung hätte. So rechnet Schleswig-Holstein vor, dass eine Konsolidierungshilfe wegen der Schuldenbremse von den Steuersenkungen wieder aufgefressen wird. Dennoch will die Koalition das Gesetz beschließen - in der Hoffnung, die Ministerpräsidenten noch auf andere Weise zu besänftigen. Ein solcher Kompromiss könnte lauten, dass bereits aufgelegte Konjunkturprogramme neu aufgeknüpft werden. Womit das Ziel, Wachstum zu fördern, ein zweites Mal ad absurdum geführt würde, weil dadurch für wirklich sinnvolle Maßnahmen künftig weniger Geld übrig bleiben dürfte.

Eine solche Politik ist ziellos, beratungsresistent und außerdem handwerklich schlecht gemacht. Fast kann man sich fürchten. Denn die große Steuerreform von Schwarz-Gelb steht noch aus.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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