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Ddebatte über MwSt-Erhöhung anstoßen!
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Durch die zum 01. 01. 2007 geplante Mehrwertsteuererhöhung um drastische drei Prozentpunkte kam auf einmal Dynamik in Wirtschaft und Wissenschaft. Der damit weiter beschrittene Weg von der Einkommens- zur Konsumbesteuerung hätte allerdings Schritt für Schritt erfolgen sollen - und zwar jährlich um einen Prozentpunkt auf mittelfristig 25 Prozent, wie es schon damalsn in Schweden und Dänemark der Fall war.
Was spricht in der gegenwärtigen Lage im Hinblick auf die Staatsschuldentilgung für die die Konsum- oder Mehrwertsteuer ?
Die MwSt hat als erste Steuer den inländischen Konsum, das heißt die weltwirtschaftlich abgeschlossene Wert- schöpfung als Bezugspunkt und Bemessungsbasis
Die MwSt stellt auf das real Erwirtschaftete, nicht auf spekulativ-finanzwirtschaftliche Ergebnisse und deren Schwankungen ab. Das schließt eine „Tobin-Steuer“ nicht aus.
Die MwSt verschafft der öffentlichen Hand dem Wachsen (oder Schrumpfen) der gesellschaftlichen Wertschöpfung entsprechende Realanteile in ‹ruhigem Fahrwasser›
Die MwSt tut dies auch in inflationären Geldwertphasen, weil sie sich den Entwicklungen des Geldwertes automatisch anpasst, sie ist dadurch inflationsneutral und kennt keine Scheingewinnbesteuerung wie die Ertragssteuern.
Die MwSt kann ihren Anteil an den Steuereinnahmen finanztechnisch ohne mehrjährige ‹Bremsspuren› auch innerhalb eines Haushaltsjahres rasch wirksam verändern und sich wechselnden haushaltspolitischen wie sozialen Erfordernissen anpassen.
Die MwSt fördert die exportorientierte inländische Wirtschaftsleistung für das (jeweilige) Ausland und belastet den ausländischen Abnehmer – siehe die aktuelle Diskussion um die Produktion der C-Klasse von Mercedes-Benz – nicht mit inländischen (nur von Inländern bestimmten) Steuerlasten zur Finanzierung der inländischen Infrastruktur.
Die MwSt ist, weil der ausländische Empfänger jedoch die Steuerlasten seines Heimatlandes trägt, gerade dadurch auch global fair.
Die MwSt stellt die inländischen Investitionen von leistungserschwerenden steuerlichen Kosten frei und schafft faire Bedingungen für den Wettbewerb auf dem Weltmarkt.
Die MwSt macht eine nationale Haushaltspolitik ohne wirtschaftliche Wettbewerbsstörungen – global- wie europagerecht – möglich.
Die MwSt ist über gestaffelte Steuersätze auch sozial besser als jede Einkommensbesteuerung (weil mit kontrollierbarer Wirkung gestaltbar).
Die MwSt zeigt das weltweit sozial geforderte bedingungslose Grundeinkommen systematisch als ‹negative Steuererhebung› (über das Instrument des finanziellen Sozialtransfers) und stellt insoweit eine Weiterentwicklung der ‹negativen Einkommensbesteuerung› (Milton Friedman) dar.
Die MwSt fließt an Bund, Länder und Gemeinden und ermöglicht damit der gesamten öffentlichen Hand ihre gesetzlich begründeten Aufgaben zu erfüllen.
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident sollte aufgrund dieser Argumente bei seinem NEIN zur geplanten MwSt-Senkung bleiben.
L.P. Häußner, Karlsruhe
www.unternimm-die-zukunft.de
Mein Gott, wann wird endlich mal vernünftige, den Problemen angemessene, auch langfristige Politik in Deutschland gemacht. Wir müssen von den Schulden runter kommen (sofern das noch geht) und mehr in Bildung investieren. Ob ich das noch erlebe, dass man mal Politik erlebt, bei der man sich nicht ständig nur ärgert und immer kurz davor ist, zum nicht-Wähler zu werden?
SPD, Grüne und FDP haben sich mit der Union auf einen nationalen „Veteranentag“ geeinigt. Am Donnerstag berät der Bundestag ihren gemeinsamen Antrag.
Kommentar Steuerstreit: Kompromiss um jeden Preis
Schwarz-Gelb geht im Steuerstreit ziellos, beratungsresistent und handwerklich schlecht vor.
Das Gezerre, das um geplante Steuersenkungen in der Union eingesetzt hat, ist ein Symptom. Es zeigt, wie realitätsfern dieses zentrale Projekt der schwarz-gelben Koalition ist. Das Versprechen, mitten in einer schweren Wirtschaftskrise ließen sich mal eben die Steuern senken, erweist sich als unhaltbar. Gerade mal zwei Monate nach Start der Regierung zwingt es die Koalition zu Verrenkungen, die kaum vermittelbar sind.
Zwar ist es bei Steuerreformen gang und gäbe, dass sich die Bundesregierung die Zustimmung der Länder mit Geschenken erkauft. Doch in diesem Fall mutet es abenteuerlich an: Die Koalition entwirft ein Gesetz, das angeblich Wachstum fördern soll, aber nur Geld an Privilegierte verteilt: an gut verdienende Familien, Firmenerben und Hoteliers, die sich über niedrige Mehrwertsteuersätze freuen können. Wirtschaftsexperten jedweder Couleur sind sich einig, dass diese Ideen vieles bewirken, nur kein Wachstum.
Eine ganze Reihe von Ministerpräsidenten, die selbst der Union angehören, sagt voraus, dass das Gesetz für ihre Länderhaushalte vernichtende Wirkung hätte. So rechnet Schleswig-Holstein vor, dass eine Konsolidierungshilfe wegen der Schuldenbremse von den Steuersenkungen wieder aufgefressen wird. Dennoch will die Koalition das Gesetz beschließen - in der Hoffnung, die Ministerpräsidenten noch auf andere Weise zu besänftigen. Ein solcher Kompromiss könnte lauten, dass bereits aufgelegte Konjunkturprogramme neu aufgeknüpft werden. Womit das Ziel, Wachstum zu fördern, ein zweites Mal ad absurdum geführt würde, weil dadurch für wirklich sinnvolle Maßnahmen künftig weniger Geld übrig bleiben dürfte.
Eine solche Politik ist ziellos, beratungsresistent und außerdem handwerklich schlecht gemacht. Fast kann man sich fürchten. Denn die große Steuerreform von Schwarz-Gelb steht noch aus.
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Kommentar von
Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.