Kommentar Finanzkrise: Krise der Versicherer fängt erst an

Die Allianz bemüht sich, ihr negatives Quartalsergebnis zu schönen. Erwischt hat die Finanzkrise sie trotzdem.

"Hoffentlich Allianz versichert": Dieser Werbespruch feiert in diesem Jahr sein 50. Jubiläum. 1958 wurde der Slogan eingeführt und gerade seine unfassbare Schlichtheit machte ihn so erfolgreich, dass er nie wieder aus dem Programm genommen wurde. Der Name Allianz sagte schon alles. Mehr war offenbar nicht nötig, um das Vertrauen von rund 20 Millionen Kunden zu gewinnen. Doch nun bekommt der alte Spruch plötzlich einen neuen zynischen Unterton.

Die Allianz musste am Freitagabend bekannt geben, dass in nur einem einzigen Quartal ein Minus von 2 Milliarden Euro aufgelaufen ist. Das ist beispiellos. Bisher galt 2002 als das furchtbarste Jahr der Konzerngeschichte. Damals musste man einen Jahresverlust von 1,2 Milliarden Euro melden, nachdem die Internetblase geplatzt war.

Der Konzern hat sich durchaus bemüht, das jetzige Quartalsergebnis zu schönen, und es als letztmalige Belastung aus dem Engagement bei der Dresdner Bank dargestellt. Stimmt, die Dresdner Bank gehört ab Januar der Commerzbank. Nur leider muss die Allianz im Austausch Aktien der Commerzbank übernehmen - die vor einigen Tagen ebenfalls einen Millionenverlust melden musste.

Die Allianz ist daher noch euphemistisch, wenn sie für die Zukunft einfach gar keine Prognosen mehr wagt. Denn tatsächlich sind neue Verluste zu erwarten - und zwar nicht nur von der angeschlagenen Commerzbank. Auch die Aktiendepots dürften weiter an Wert verlieren, denn alle Industrieländer sind auf dem Weg in die Rezession. Allerdings machen Aktien nur einen kleinen Teil der Anlagen bei Lebensversicherern aus. Sie investieren vor allem in festverzinsliche Papiere. Aber auch dort droht neues Unheil: Weltweit werden die Leitzinsen gesenkt, fluten die Zentralbanken den Markt mit Geld. Da ist mit langfristigen Anleihen kaum noch Gewinn zu machen.

Die Finanzkrise hat die Versicherer erreicht. Auch die anderen Branchenriesen leiden. Aber ausgerechnet die Leitmarke Allianz hat es besonders erwischt. "Hoffentlich Allianz versichert?" Hoffentlich nicht. ULRIKE HERRMANN

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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