Kommentar US-Regierungswechsel: Neuanfang mit bekannten Gesichtern

Mit seinem Kabinett zeigt sich Obama als kluger Pragmatiker. "Change" bedeutet bei ihm, die Probleme in Zukunft ohne ideologische Scheuklappen zu lösen.

Auf den ersten Blick sieht das wenig nach "Change" aus: dafür sind in Obamas künftigem Kabinett zu viele Gesichter, die man aus der Clinton-Ära kennt. Doch wer anderes erwartete, hat nicht verstanden, was der neue US-Präsident vorhat - nämlich pragmatisch und mit Sachverstand den Berg an Problemen abzutragen, den er von seinem Amtsvorgänger erben wird. Angesichts zweier Kriege, einer dramatischen Wirtschaftskrise und wahren Herkulesaufgaben wie der Reform des Gesundheitssystem und der Zuwanderungspolitik kann es sich Obama nicht leisten, junge und unerfahrene Idealisten um sich zu scharen. Er braucht Minister, die wissen, wie man polarisierende Gesetzentwürfe durch den Kongreß lavieren muß. Und er braucht zudem Personal, das zentristisch denkend nach den machbarsten Lösungen sucht, statt die Opposition auf die Barrikaden zu treiben.

Es ist daher vernünftig und strategisch klug, Hillary Clinton zur künftigen Außenministerin zu ernennen. Zum einen kann er sich auf den Sachverstand der Senatorin verlassen. Zudem verhielt sie sich im Wahlkampf ausgesprochen loyal gegenüber ihrem einstigen Rivalen. Politisch sind sie ohnehin auf einer Linie. Zwar hat Hillary Clinton den Irakkrieg anfangs unterstützt. Doch im Wahlkampf bestand sie, wie Obama, auf einen schnellen Rückzug der US-Truppen. Alles Gerede über angebliche Gefahren, die von einem separaten Machtzentrum der Clintons in der künftigen Obama-Regierung ausgehen könnte, ist längst von den neuen Machtverhältnissen überholt.

Dass Obama seine erbittertste Gegnerin einbindet macht vielmehr deutlich, welches Format der Mann hat. Er hält es offenbar aus, dass erfahrenere und auf ihren Gebieten erfolgreiche Politiker an seinem Kabinettstisch sitzen werden, die ihm, so hofft er, auch mal widersprechen werden. Es ist auch ein positives Signal in die Demokratische Partei hinein, das zeigt, dass Obama kein Freund von kleinlichen Machtspielen ist.

Seinen "Change" hat Obama überdies nie als Revolution verkauft. "Change" bedeutet bei ihm vielmehr, die Probleme in Zukunft ohne ideologische Scheuklappen zu lösen. Und das allein ist schon ein Neuanfang.

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