Kommentar die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Lehrer brauchen nun ein Attest für ihr Versagen, gute Geschäfte für die deutsche Wirtschaft in Ungarn und Sarrazin darf Schuhe abfühlen. Die Woche mit Friedrich Küppersbusch.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wortwart Peter Ramsauer wird wegen seiner Verdienste um den Klapprechner in den PEN-Club aufgenommen und heißt künftig Rampensauer. Mitarbeiter sagen statt "Nonsens" künftig "Ramsauerei" und statt "überforderte Knalltüte" "Herr Minister" oder schlicht Mr. Creamsour.

Was wird besser in dieser?

Die Bahn ächtet "Pünktlichkeit" als "Fremdwort des Jahres".

Am Freitag beginnt der Vermittlungsausschuss zur Hartz-IV-Reform zu tagen. Unter anderem geht es um die Frage, ob auch Kinder von Wohngeldempfängern vom neuen Bildungspaket profitieren sollen. Sind wir endlich auf dem Weg in eine echte Bildungsgesellschaft?

Von der Leyen hat der SPD da inzwischen Zustimmung signalisiert. Künftig werden also LehrerInnen schriftlich attestieren müssen, dass sie versagt haben. Dann bekommt das Kind staatlichen Zuschuss zur Nachhilfe bei einem staatlich anerkannten Nachhilfeinstitut. So einfach! Wer will da noch so etwas Kompliziertes wie bessere Schulen für alle? Seit die FDP mit dran ist, riecht es endlich nach ein bisschen DDR auch in der Bildung. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Regierung aufgegeben, die Hartz-Sätze zum 1. 1. 2011 gerechter zu regeln. So sehen Nachsitzer aus.

Der Essener Baukonzern Hochtief steht vor der Übernahme durch den spanischen Konzern ACS. Ein harter Schlag für den Pott?

Die Gewerkschaft hat, hinter dem Rücken der Gewerkschaft, äh, vereinbart, dass Essen bis 2013 Konzernsitz bleibt, wenn es nicht anders kommt oder in Madrid ein Sack Oliven umfällt. Der spanische Gemischtwarenladen ACS bietet 9 seiner Aktien gegen 5 von Hochtief, worin immerhin klar abgebildet scheint, dass hier der Schwanz den Hund wackelt. Im Aufsichtsrat bestaunen das Hochtiefstapler wie Wiesehügel, von Pierer, Keitel: Leute, deren Auftritte zu volkswirtschaftlichen Themen in Gesprächssendungen künftig grundsätzlich mit Lachband unterlegt werden sollten. ACS wird auch in Wirtschaftszeitungen der Überschuldung und eines rüden Umgangs mit der Belegschaft geziehen. Und prompt rufen die Marktwirtschaftler von allen Baugerüsten nach - dem Staat, der das deutsche Übernahmerecht rigider gestalten solle. Hoch, tief, weg.

Christoph Blume, der designierte Präsident des Flughafenverbands ADV, fordert, Passagiere für die Sicherheitskontrollen an Flughäfen in Risikogruppen einzustufen. Gehts noch?

Blume schlägt ein "profiling" etwa nach Religion, Ethnie und Zahlungsweise vor, und so steht es ja auch im Grundgesetz: Jeder sollte nach seinem Glauben, seiner Herkunft und seines sozialen Standes nach Herzenslust diskriminiert werden. So würden etwa in Israel, "junge muslimische Männer" besonders argwöhnisch behandelt, lobt Blume, Chef des Düsseldorfer Flughafens. Wenn Herr Sarrazin noch Kapazitäten frei hat, darf er dort künftig meine Schuhe abfühlen, ich freu mich drauf.

Bringt das Dreikönigstreffen der FDP in dieser Woche endlich einen neuen Vorsitzenden?

Nein, auch Christian Lindner, der Patrick Lindner der FDP, wird so blöde nicht sein, die bevorstehenden Wahlniederlagen noch schnell für sich zu reklamieren. Westerwelle wird Stehvermögen zeigen und frühestens im Mai den Parteivorsitz an den loyalstmöglichen Westerwellisten abgeben - das kann dann Lindner sein. Die Wahlergebnisse der FDP werden sacht über die derzeit umgefragten steigen, und man wird dies dem Nochvorsitzenden zurechnen, wenn er beim 3-Prozent-Könige-Treffen eine feurige Rede raushaut.

Ungarn hat am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Worauf müssen wir uns gefasst machen?

Gute Geschäfte weiterhin bei Audi, VW, Bosch, Mercedes und anderen deutschen Herstellern, die ihre Produktionen nach Ungarn auslagerten. Und nun mit weiteren Investitionen die Jobmeldungen liefern, die Premier Viktor Orbán zum Beleg seiner Weisheit propagiert. Die Meinungsfreiheit ist stranguliert, das Land zu 80 Prozent seiner Wirtschaftsleitung verschuldet, und seine Staatsanleihen rangieren knapp über Ramsch.

Und was machen die Borussen?

Kondolieren Gelsenkirchen zur humorfreiesten Aktion seit dem Auftritt von Mario Barth im Schalker Stadion: "Dieser Scherz geht zu weit. Der betreffende Arbeiter wird unsere Baustelle nie mehr betreten!", knödelt "Arena"-Chef Dargel über einen Helfer, der auf dem Dach beim Schneeräumen eine BVB-Fahne gehisst hatte.

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