Die Vaterrolle in der Familie: "Ewige Praktikanten ihres Privaten"

Deswegen kommt es zu Situationen wie der jetzt in Karlsruhe verhandelten: Männer lernen erst in Krisen ihre Familie kennen, sagt der Autor Thomas Gesterkamp

taz: Herr Gesterkamp, kann man einen Vater zwingen, sich um seinen Sohn zu kümmern? Gerichte haben das versucht.

Thomas Gesterkamp: Das ist doch kein juristisches Ding. Ich frage mich, was soll da rauskommen, wenn der Vater wie ein Delinquent dem Sohn vorgeführt wird. Das müsste man mindestens psychologisch moderieren.

Aber sind Väter nicht wichtig?

Selbstverständlich, und es ist ja interessant, was sich da in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Vor allem die Söhne brauchen ihre Väter. Sie waren - und sind es leider immer noch - abwesend, nicht nur wegen der Trennung, sondern weil ihnen der Beruf wichtiger ist.

Wozu brauchen Jungs ihre Väter?

Um eine eigene Identität als Mann entwickeln zu können. Später auch, um ihr Geschlecht zu entdecken. Männer kommunizieren anders und sie verhalten sich untereinander anders. Die ersten Jahre der Jungs verlaufen oft praktisch vaterlos - zum Beispiel, weil es in den Kitas und Schulen auch kaum Männer gibt.

Geht es eigentlich um Sohn und Vater, wenn die Geliebte den Mann zu etwas zwingen will - und die Ehefrau zum Gegenteil?

Der Mann ist der Spielball dieser Frauen geworden. Das kann man sagen, ohne die Verhältnisse im Detail auszuleuchten. Die Ehefrau benimmt sich ja sehr seltsam, wenn sie ihrem Mann verbieten will, den eigenen Sohn zu sehen. Und das Kind wird hier zur Waffe. Das beobachtet man häufig: Die Frauen benutzen bei Beziehungsfragen das Kind als Waffe - die Männer das Geld.

Wie kommt es zu solchen Konstellationen?

Weil viele Männer ihre Beziehungssituation offenbar nicht richtig reflektieren. Sie haben sich meist in einer Variante des Ernährermodells eingerichtet. Sie reüssieren im Beruf, das Zuhause managt die Frau - und merken gar nicht, dass sie in der Familie dabei ein hohes Risiko aufbauen. Kommt es dann zu Streitigkeiten, sind sie überrascht.

Welche Konflikte gibt es?

Ganz allgemein kann man sagen: Väter und Männer lernen oft erst in Krisen ihre Familie kennen. Vorher haben sie sich wenig gekümmert, was zu Hause so alles los ist.

Was können Männer den besser machen?

Sie sollten nicht ewig die Praktikanten des eigenen Privatlebens sein. Dann haben es die Frauen und die Gerichte ganz leicht zu sagen, sorry, der weiß ja gar nicht, was zu Hause angesagt ist.

Was heißt das konkret?

Männer sollten sich bemühen, Haushalt und Partnerschaft egalitär zu organisieren. Das heißt auch, zeitweise Verzicht im Beruf zu üben. Gute Väter imponieren Frauen, das alte Bild vom Weichei, das den Kinderwagen schiebt, ist falsch. Der Mann muss dabei übrigens nicht Mapi spielen

Was ist das denn?

Der Papi, der Mami spielt. Einfach kritiklos die Frauenrolle zu übernehmen. Ich rate den Männern, die Vaterrolle und auch die des privaten Haushaltsmanagers selbstbewusst zu übernehmen.

Gibts das heute nicht schon viel öfter als vor, sagen wir, 20 Jahren?

In Akademikerkreisen, in Berlin oder Köln, sicher. Aber wenn ich die Beziehungsmuster auf dem Land anschaue, wundere ich mich schon. Das ist alles noch sehr traditionell.

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