Screwball-Komödie mit Charlotte Rampling: Perfekter Missklang

Der leichtfüßige Film "Wir verstehen uns wunderbar" von Antoine des Caunes zeigt zwei, die sich so gut kennen, dass sie sich nichts mehr vorzuspielen brauchen

Originaltitel: "Désaccord parfait", der perfekte Missklang. Bild: Gaumont

Zeter und Mordio rufend rennt der alternde Filmregisseur Louis Ruinard (Jean Rochefort) in immer hektischeren Kreisen in seinem Londoner Hotelzimmer auf und ab, während er sein angeknackstes Ego an einer Tirade aus Schmähungen und Beschimpfungen wieder aufzurichten versucht. "Warum gibt eine Frau sich so viel Mühe, einen Mann zu quälen?" Antwort: Weil sie ihn, entgegen allem Anschein, immer noch liebt. Sie will es bloß selbst noch nicht wahrhaben. Und nachdem sein kurzer Zorn aufgebraucht ist, ist Ruinard erfahrener Casanova genug, diesen Umstand nicht nur zu erkennen, sondern auch Mittel und Wege zu finden, seine ehemalige Geliebte, die Schauspielerin Alice d'Arbanville (Charlotte Rampling) erneut zu umgarnen: Er täuscht vor versammeltem Publikum einen Herzinfarkt vor.

Für gewöhnlich handeln Liebeskomödien davon, wie zwei, aus Mangel an Lebenserfahrung, Selbstvertrauen oder Gelegenheit, eine Bugwelle an Missverständnissen und Chaos vor sich her schieben, die die unvermeidlich erfolgreiche Beziehungsanbahnung bis in die letzten Minuten des Films hinauszögert. "Wir verstehen uns wunderbar" rollt dieses Schema von hinten auf: Hier treffen zwei aufeinander, die einander so innig kennen, dass sie sich eigentlich nichts mehr vorzuspielen brauchen. Nur ihr übermäßiges Ego hindert sie daran, das einzusehen.

In den Siebzigerjahren waren sie das Glamourpaar der Filmindustrie, der Regisseur und seine Muse, aber seitdem sie ihm, seiner zahlreichen Liebschaften wegen, praktisch über Nacht den Laufpass gegeben hat, sind die beiden strikt getrennte Wege gegangen. Er hat nichts Nennenswertes mehr geschaffen, sie hat sich ganz ins Theater zurückgezogen, wo sie für ein exklusives Publikum bevorzugt Shakespeares blutige Rachedramen inszeniert. Die Verleihung eines wichtigen Filmpreises für sein Lebenswerk zwingt die beiden, wieder gemeinsam auf einer Bühne zu stehen, und gibt reichlich Gelegenheit zum Austausch von Boshaftigkeiten.

Im Original lautet der Titel des Films "Désaccord parfait": der perfekte Missklang. Tatsächlich liegt sein immenser Charme in den Funken, die geschlagen werden, wenn Gegensätze gezielt aufeinandertreffen - britisches Understatement und französische Lebenslust, der hohe Ton des Theaters und die Vergnügungen des Boulevards, der feine Humor der Ironie und die ungehemmte Blödelei, vom furzenden Mops bis zum Erdnuss-Tycoon. (Ärgerlich allerdings, auch das muss gesagt werden, die Darstellung des allzu tuntenhaft gezeichneten Butlers Randall - derartige Schwulenklischees sollten längst überwunden sein.) Der eigentliche Coup des Films liegt jedoch in der Besetzung. Während das Drehbuch mitunter allzu vorhersehbar den Konventionen des Genres verpflichtet ist, hat Regisseur Antoine de Caunes seinen beiden Hauptdarstellern allen Freiraum zur Improvisation gelassen: Charlotte Rampling spielt wunderbar gegen ihr aristokratisches Image und beweist, dass sie nicht nur die unterkühlte Ikone darstellen kann, sondern auch alle Register des Komödiantischen beherrscht. An ihrer scharfzüngigen Unnahbarkeit prallen anfangs noch sämtliche Umwerbungsversuche des nur scheinbar unbeholfenen Jean Rocheforts ab, nach und nach jedoch schält sich zwischen den beiden Streithähnen ein Einverständnis ab, das tiefer liegt als alle Unterschiede. So ist "Wir verstehen uns wunderbar" eine mitunter melancholisch gestimmte, meist leichtfüßige Screwball-Comedy über Leben und Lieben im Alter, über Sex jenseits der Sechzig und über das Glück des Neuanfangs.

<typohead type="5">"Wir verstehen uns wunderbar". Regie: Antoine des Caunes. Mit Charlotte Rampling, Jean Rochefort u. a., Frankreich 2006, 91 Min.</typohead>

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.