Studie über Online-Profile: Blenden bei Facebook klappt nicht

Forscher haben Profile in sozialen Netzwerken von Fremden bewerten lassen. Überraschendes Ergebnis: Ihre Urteile stimmen stark mit der tatsächlichen Persönlichkeit der Profilinhaber überein.

Vernetzen ja, Selbstidealisierung nein: Illustration auf Facebook-Seite. Bild: Screenshot

BERLIN taz | Wer bin ich – und wie sehen mich die anderen? Lange war die Ansicht weit verbreitet, dass es im Web 2.0 zwischen diesen beiden Fragen einen Spielraum gibt. Die eigene Identität versteckten viele User hinter geschönten, aufpolierten Onlineprofilen. Tatsächlich aber „vermitteln Online-Profile ein sehr genaues Bild der Profilinhaber“. So lautet das Ergebnis einer Studie, die Psychologen der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz zum Thema "Persönlichkeit und soziale Wahrnehmung in Online Social Networks" am Mittwoch veröffentlicht haben. Die Ergebnisse der Studie stehen bislang nicht online, sondern erscheinen in der Fachzeitschrift Psychological Science.

In Zusammenarbeit mit deutschen und amerikanischen Kollegen hatten sie die Profile von 236 Nutzern der Netzwerke studiVZ/ meinVZ (Deutschland) und Facebook (USA) ausgewertet. Mit Hilfe von Fragebögen ermittelten die Forscher die tatsächlichen Persönlichkeitseigenschaften der User sowie auch deren Wunschvorstellung von sich selbst. Eigenschaften, die hierfür eine Rolle spielten sind beispielsweise Offenheit für Neues oder Verträglichkeit. Im nächsten Schritt wurden die Profile fremden Beurteilern vorgelegt, damit diese sich einen Eindruck von der Persönlichkeit der Studienteilnehmer machen sollten.

Im Vergleich zeigte sich, dass diese spontanen Fremdurteile stärker mit der tatsächlichen Persönlichkeit übereinstimmten und nicht durch deren Selbstidealisierung der Profilnutzer verfälsch wurden. „Das hat uns selbst überrascht“ sagte Mitija Back, Mitautor der Studie.

Es zeigt, worum es in den Online-Netzwerken heute geht: Kontakte herstellen, sich austauschen, einen neuen Job oder alte Freunde finden. „Das sind tatsächliche Beziehungen, die dort ausgehandelt werden“ so Back .

Falsche Angaben zu machen liegt nach Ansicht der Forscher gar nicht im Interesse der User. Es gebe ein Grundbedürfnis wahrgenommen zu werden und sich so darzustellen wie man ist, sagte Back gegenüber der ‚taz’. „Das vereinfacht die gesamte Kommunikation, andere können uns besser verstehen und es ist auch ein gutes Gefühl, sich der eigenen Identität bewusst zu sein.“ „Andererseits funktioniere es auch sehr schlecht, sich falsch darzustellen“, so Back weiter, da ein großer Teil der Information nicht unmittelbar vom Inhaber eines Profils selbst gesteuert werden kann.

Extrovertierte Menschen sammelten eben mehr Freunde und da Freundschaften auch im Netz nur über Zustimmung geschlossen werden, könnten auch nicht einfach Kontakte dazuerfunden werden, sagt Back. Auch die Kommentarfunktionen spielen eine wichtige Rolle. Das Feedback anderer auf dem eigenen Profil ist nach Ansicht der Psychologen oft aussagekräftiger als Selbstaussagen des Profilbesitzers über Lieblingsfilme- und Zitate. Vor allem ist es aber wohl die „Vielzahl an persönlichen Informationen und Handlungsoptionen“ die es ermöglicht, die eigene Persönlichkeit in Online-Profilen so gut auszudrücken.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Nutzer sozialer Netzwerke verlassen sich zunehmend auf die Informationen, die sie fremden Profilen entnehmen. Das fördert einerseits das Vertrauen in solche Online- Netzwerke und begünstigt deren Nutzung für soziale Interaktionen. Andererseits haben die jüngsten Datenschutzaffären bei SchülerVZ und Facebook gezeigt, dass das Vertrauen, das man in die eigenen Freunde hat, gegenüber Betreibern und Fremden nicht unbedingt angebracht ist. 700 Millionen Menschen nutzen derzeit weltweit Online-Netzwerke um zu kommunizieren und Kontakte zu knüpfen.

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