Amazons elektronisches Lesegerät: "Kindle" kommt nach Deutschland

E-Commerce-Riese Amazon macht ernst: Sein aufwändiges Lesegerät für elektronische Bücher soll nun auch auf den deutschen Markt kommen.

Top oder Flop? Das weiss beim "Kindle" derzeit irgendwie niemand. Bild: reuters

Der Online-Verkäufer Amazon will sein E-Book-Lesegerät "Kindle" noch in diesem Jahr nach Deutschland holen. Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) in ihrer Wochenendausgabe meldet, soll den Reader zur Frankfurter Buchmesse im Oktober vorgestellt werden. Amazon plane offenbar einen großen Auftritt auf der Veranstaltung. Die deutsche Filiale des Konzerns lehnte allerdings eine Stellungnahme ab, gab nur durch Geschäftsführer Ralf Kleber an, man sehe die Nachfrage nach dem Gerät auch außerhalb der USA und werde internationalisieren.

Insgesamt 145.000 E-Book-Titel sind derzeit auf Englisch für den Kidlde verfügbar - von großen wie kleinen Verlagen, vom Kriminalroman bis zum Wissenschaftstitel. Hinzu kommt eine Anzahl großer Zeitungen von Wall Street Journal bis New York Times, die auf dem Gerät gegen eine Abonnementgebühr gelesen werden können. Das Besondere: Die Bücher werden per kostenlosem drahtlosem Internet auf den Kindle geladen, Amazon arbeitet dazu mit einem Mobilfunkkonzern zusammen. Einen solchen Partner benötigt der Anbieter in Deutschland auch; wer das sein könnte, ist noch unbekannt.

Ob der Kindle in seiner jetzigen Form jedoch wirklich bereits das ideale elektronische Buch darstellt, darüber streiten sich die Kritiker leidenschaftlich. So gelten sowohl die technische Gestaltung des Geräts als auch seine Bedienoberfläche als mindestens gewöhnungsbedürftig: Wer den Reader beim Lesen beispielsweise an der falschen Stelle anfasst, blättert schnell schon mal versehentlich eine Seite um. Auch entspricht die Darstellungsqualität der verwendeten "elektronischen Tinte" noch nicht der von Printerzeugnissen - der Bildschirm wirkt eher wie sehr dunkles Zeitungspapier, benötigt also eine gewisse Umgebungshelligkeit, um angenehm abgelesen werden zu können. Hinzu kommt die kantige Optik des Kindle - von der Eleganz eines Apple iPod sei die weit entfernt, hieß es in US-Medien zur Vorstellung. Dabei hatte sich Amazon die Geschäftsstrategie des Computerkonzerns, der leicht bedienbare Hardware mit dem Online-Verkauf von Inhalten kombiniert, doch sonst so gut abgeschaut.

Das Projekt Kindle ist bei dem E-Commerce-Riesen zum Erfolg verdammt: Firmenboss Jeff Bezos, der es höchstpersönlich vorantreibt, ließ einen hohen mehrstelligen Millionenbetrag investieren und stieg erstmals in den Bau eigener Geräte ein. Zumindest theoretisch hört sich das Geschäftsmodell ja auch gut an: Statt massenweise physische Bücher zu verschicken, was für den Online-Konzern immer noch sein Hauptgeschäft darstellt, soll der Lesestoff künftig elektronisch zum Kunden gelangen. Dabei erhöhen sich die Margen beträchtlich, schließlich lassen sich beliebig viele digitale Lizenzen absetzen, die allein ein bisschen Bandbreite zur Übertragung kosten. Wie erfolgreich das Kindle-Geschäft derzeit wirklich ist, dazu äußert sich Amazon bis dato noch nicht. Im Mai gab Bezos allerdings an, man verkaufe von den 120.000 meistverkauften Buchtiteln im US-Online-Shop immerhin sechs Prozent bereits elektronisch. Gegen einen echten Erfolg spricht allerdings, dass Amazon den Preis des Kindle in den USA bereits um 40 Dollar absenkte - auf noch immer reichlich teure 360 Dollar. Buchtitel sind mit 10 Dollar zumeist deutlich billiger als ihre "analogen" Pendants.

Unterdessen muss sich Amazon auch auf neue Strategien der Konkurrenz einstellen. Der Unterhaltungskonzern Sony, mit seinem eigenen elektronischen Buch "Reader" schon seit längerem auf dem Markt, kündigte nun Veränderungen bei der Unterstützung der Formate für E-Books an. Musste man bislang stets im firmeneigenen Laden von Sony einkaufen, öffnet sich der Hersteller nun auch gegenüber der Technologie des Softwareriesen Adobe. Der bietet derzeit das mit Abstand am stärksten unterstützte Format für elektronische Bücher an: Kopiergeschütztes PDF. Die Ironie dabei: Bis dato gab es keinen einzigen E-Book-Reader, der es unterstützte. Stattdessen mussten die Nutzer solche Bücher direkt am PC oder Laptop lesen, was nicht nur bei langen Wälzern sehr unangenehm ist. Durch ein kostenloses Update für das Sony-E-Buch "Reader PRS-505" kann man solche Werke nun endlich auch auf sein Gerät spielen - was das Wirrwarr der Formate, das die Leser derzeit plagt, etwas eindämmt. Deutschen Nutzern hilft das zunächst allerdings wenig: Der PRS-505 wird hier zu Lande derzeit nicht angeboten.

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