Sexinhalte im Internet: Pornofirma fordert Suchverbot

Bizarrer Jugenschutz-Streit im Internet: Ein deutscher Pornoanbieter verlangt von einem Provider, für dessen Kunden Google zu sperren. Der Grund: Darüber lasse sich verbotener Sex finden.

Google sucht auch nach Porno-Seiten Bild: ap

In der Rechtsabteilung des bekannten deutschen Internet-Anbieters Arcor dürfte man derzeit Überstunden schieben. Wie der IT-Nachrichtendienst "Heise Online" berichtet, liegt dem Unternehmen seit kurzem ein Eilantrag vor, der den Provider auffordert, die Suchmaschinen Google.de und Google.com für seine Kunden zu sperren. Der Grund: Sie würden den Zugang zu jugendgefährdenden Angeboten ermöglichen. Steller des Eilantrages am Landgericht Frankfurt ist ein Mainzer Unternehmen, das selbst eine Sexseite betreibt - dies allerdings von Deutschland aus und nach den Bestimmungen des hiesigen Jugendschutzes, wie die Firma betont. Arcor solle nun Google blockieren, so lange es dort zur Verbreitung pornografischer Schriften ohne Alterskontrolle komme, heißt es in dem Antrag.

 

Das Verfahren scheint allerdings vor allem ein Test zu sein. Wie der Geschäftsführer des Antragstellers gegenüber "Heise Online" sagte, wolle er mit dem Vorstoß der Justiz auf den Zahn fühlen und die aktuell geltenden Haftungsfreistellungen überprüfen. Denn: Provider sind nach deutschem Recht eigentlich nicht für Inhalte, die über sie vermittelt werden, direkt verantwortlich. Doch Gerichte folgen dem nicht immer: Zuletzt musste Arcor auf Antrag eines anderen deutschen Pornoanbieters zwei ausländische Sexseiten blockieren. Der Google-Eilantrag müsse nun zeigen, "ob die Welt am deutschen Wesen genesen" solle, sagte der Geschäftsführer des Mainzer Antragstellers.

 

Grund für all die Streitigkeiten ist die aktuelle hiesige Rechtslage bei jugendgefährdenden Inhalten im Netz und anderswo. Wer in Deutschland ein pornografisches Angebot im Internet aufbauen möchte, hat ziemlich viele Jugendschutz-Hürden zu überspringen. Die wichtigste: Eine solche Seite darf nur von Erwachsenen erreicht werden, was einer eindeutigen Identifizierung der Nutzer als "über 18" bedarf. Dazu wird unter anderem das Post-Identifikationsverfahren eingesetzt - der XXX-Konsument muss also mit seinem Ausweis zu einer Filiale des gelben Riesen und sich ausweisen, bevor er sich "heiße" Bilder und Videos ansehen darf. Im Ausland, etwa in den USA, ist das allerdings anders und wesentlich einfacher geregelt: Hier reicht je nach Bundesstaat eine einfache Altersabfrage per Mausklick, um in den "Genuss" von Hardcore-Aufnahmen zu gelangen.

 

Die deutschen Porno-Anbieter stört das natürlich, schließlich verkleinert sich dadurch ihr potenzieller Markt: Erstens durch kostenlose Web-Pornos ohne Jugendschutz, zweitens, weil die Anmeldung bei hiesigen Angeboten so enorm aufwändig ist. Seit einigen Monaten läuft deshalb eine Klagewelle, die sich getrost als "Schlammschlacht in der Sexbranche" bezeichnen lässt. Allerdings kämpfen hier nicht etwa, wie man annehmen könnte, deutsche gegen ausländische XXX-Firmen. Stattdessen sind einige hiesige Internet-Provider im Kreuzfeuer gefangen, was die Sache umso bizarrer macht. Sie vermittelten Zugang zu den illegalen Pornos, müssten diese deshalb sperren, hieß es in entsprechenden Verfügungen.

 

Der erwähnte Streit um Arcor und die beiden Sexseiten ist noch nicht geklärt: Der Provider hat Einspruch gegen eine entsprechende Sperrungsanordnung eingelegt. Ein weiterer Provider, Kielnet, gewann hingegen vor dem Landgericht Kiel bereits gegen einen solchen Antrag. Die Richter ließen hier keine Haftung für die durchgeleiteten Inhalte zur.

 

Der Eilantrag zur Sperrung von Google.de und Google.com hat nun aber andere Vorzeichen. Der Antragsteller hatte laut "Heise Online" selbst versucht, ein System zu etablieren, mit dem eine rechtlich korrekte Identifizierung als volljährig bei hiesigen Pornoseiten "ohne Medienbruch", sprich: ohne langwieriges Post-Identverfahren, möglich ist. Dies gelang allerdings nicht und wurde vom Bundesgerichtshof als nicht ausreichend zurückgewiesen; inzwischen ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Mit dem Versuch, die Haftungsfragen bei Google.de und Google.com zu klären, könnte nun die Absurdität der aktuellen Klagewelle wie die der verzwickten Rechtslage vorgeführt werden.

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