E-Mail-Konten gehackt: Wie Twitter die Welt erobern will

Ein Hacker hat interne Dokumente des Internetdienstes Twitter geklaut. Dort herrscht Ausnahmezustand - denn die Papiere enthüllen Brisantes über die Strategie des Konzerns.

Gehackt: Twitter ist jetzt transparenter als urspünglich geplant. Bild: dpa

BERLIN taz | Daten-GAU bei Twitter: Hunderte firmeninterne und persönliche Dokumente sind von einem bislang unbekannten Hacker namens "Croll" entwendet und dem IT-Nachrichten-Website "TechCrunch" zugespielt worden.

Die Informationen stammen offenbar aus einem oder mehreren Google-Accounts von Mitarbeitern des populären Kommunikationsdienstes - sie waren allesamt im Internet gelagert und konnten nach Erraten oder Zurücksetzen der Passwörter mit wenigen Klicks heruntergeladen werden. Twitter-interne Systeme waren dagegen offenbar nicht betroffen.

Bei Twitter herrscht seit Mittwoch Ausnahmezustand. Das Unternehmen räumte den Hack offiziell in seinem Weblog ein ("Twitter nun noch offener als wir wollten"), äußerte sich aber nur zögerlich zum Umfang. Es handle sich um Texte, Kalender und Tabellen, die auch Firmenideen und Finanzdaten enthielten. Firmenmanager Biz Stone schrieb, die Aktion erinnere einen Journalisten an das Durchschnüffeln eines Unterwäscheschranks. "Das ist eine passende Analogie. Die Dokumente waren nicht poliert."

Neben den Firmendaten übernahm der Hacker zu allem Überfluss auch den E-Mail-Account der Frau von Firmengründer Evan Williams und darüber dann einige seiner persönlichen Zugänge zu Amazon und dem Bezahldienst Paypal. Grund für den Hack war offenbar, dass ein Mitarbeiter ein Passwort mehrfach verwendet hatte, das auf einer anderen Website rekonstruiert werden konnte - womöglich durch ein leicht zu erratendes Frage- und Antwortspiel.

Bei TechCrunch wurden unterdessen die ersten Ausschnitte aus den Dokumenten veröffentlicht. Darin wurde unter anderem Twitters Welteroberungsstrategie offenbart: So sollen bis 2013 eine Milliarde Nutzer angelockt und ein Umsatz von 1,5 Milliarden Dollar erzielt werden - bei Gewinnen von 100 Millionen. Twitter wäre damit der größte Dienst seiner Art.

Interessant ist vor allem, das Twitter bislang keinerlei Einnahmen hat. Ob der Milliardenumsatz mit Online-Werbung oder über einen anderen Weg erreicht werden soll, ist unklar.

TechCrunch-Gründer Michael Arrington veröffentlichte am Donnerstag die letzten Dokumente aus dem Twitter-Hack. Darin wurde unter anderem in detaillierten Meeting-Notizen beschrieben, dass sowohl Diskussionen mit Google als auch mit Facebook und Microsoft liefen - von der Zusammenarbeit bis zur Übernahme. Zudem bekam Twitter jede Menge Angebote von Prominenten, sich für den Dienst einzusetzen, darunter auch Rapper P. Diddy.

Arrington betonte, er habe mit Twitter über die Veröffentlichung verhandelt und grünes Licht erhalten. Das Unternehmen widersprach allerdings vehement und prüft rechtliche Schritte - ob auch gegen TechCrunch, war zunächst unklar. Interessanterweise hielt der IT-Nachrichtendienst außerdem besonders süffige Twitter-Dokumente aus dem Hack zurück. Diese seien "zu sensibel zur Veröffentlichung" gewesen, schrieb Arrington.

Dafür bekam er unter anderem vom Silicon-Valley-Klatschblog "Valleywag" eins auf die Mütze: Es sei absurd, dass ein Medium mit Quellen über die Veröffentlichung der heißesten Informationen verhandele. "Jeder Journalist würde solche exklusiven Infos sofort publizieren, wenn sie von nutzbaren Quellen stammen und korrekt sind. Da gibt es nichts zu verhandeln."

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