Skandale um Tiger Woods: Das Image-Gift

Der Sexskandal war schlimm genug, nun kommt heraus, dass Tiger Woods Kontakt zu einem mutmaßlichen Dopingarzt hatte. Was bedeutet dies für den Golfsport?

Tiger Woods: Für seinen Befreiungsschlag ist es längst zu spät. Bild: ap

Er ist der gefallene Held des Sports. Nicht weil Tiger Woods Kräfte auf dem Golfplatz versagten, sondern wegen seines Verhaltens abseits des Grüns. Doch nun - typisch bei einem gefallenen Idol - wird auch Woods allgemeines Heldentum einer pedantischen Prüfung unterzogen. Aus einer skurrilen Familienchose, nämlich dem, was zwischen dem Sportler und mindestens 14 Frauen lief, wird eine schadenfrohe Betrachtung. Zwei Wochen nachdem ein harmlos wirkender Autounfall die Geschichte ins Rollen brachte, ist aus dieser Betrachtung der Niedergang des Golfsports geworden. Tiger Woods zieht sich zurück, und anstatt sich über ihre gestiegenen Chancen auf einen Turniersieg zu freuen, bangen nun die Konkurrenten. Denn kein Tiger heißt im Verteilungskampf am Ende: weniger für alle.

Ohne Woods werden die TV-Zuschauerzahlen sinken, werden die Preise für die Senderechte sinken, werden die Sponsoreneinnahmen sinken. Zwar nicht eigenhändig, aber mit eigenem PR-Team hatte Woods die Geschichte zu seiner Person geschrieben, eine vom jungen, bis zur Langeweile anständigen Mannes, der mit hübscher Frau in gepflegtem Haus und auch sonst geharkten Verhältnissen lebend. Nun, da die Öffentlichkeit täglich die Parade neuer Mindys oder Rachels abnimmt, mit denen Woods sich vergnügt und per SMS ausgetauscht haben soll, ist ihm die Geschichtsschreibung entglitten.

Das, was wir als flüchtigen Ruhm ansehen, also etwas Oberflächliches, hat offensichtlich an Macht gewonnen, so wie es in der aktuellen Newsweek beschrieben wurde. Dort wird die Vermutung geäußert, dass das Leben der Stars bessere Geschichten erzählt als etwa ein Buch oder der Film. Eigenartigerweise scheint eine der Hauptpersonen, nämlich seine Frau Elin, ein schwedisches Exmodel, hier niemanden zu interessieren. Nach Woods Aussagen seinen Geliebten gegenüber war die Ehe zu Image-Zwecken geschlossen. Ironischerweise scheitert das Image jetzt genau daran. Die Öffentlichkeit weiß nun, sie ist einer für den Sportler einträglichen Posse aufgesessen und erfreut sich nun der eigenen Doofheit.

Während dem Golfprofi nun wegen moralischer Vorbehalte die Werbeverträge gekündigt werden, die ihn zum reichsten Sportler der Welt machten, verdienen Onlineportale mit Woods und seinem Sexleben prima. Laut der Yahoo-Vorstandsvorsitzenden Carol Bartz seien die Affären Woods "besser als der Tod von Michael Jackson", das Entertainmentportal TMZ.com verzeichnet mehr als 50 Prozent Plus bei den Besucherzahlen. Da mag Woods nicht mehr der ideale Repräsentant für die Unternehmensberatung Accenture sein - Slogan: Go on, be a Tiger - oder für den Rasierklingenproduzenten Gilette, zu diesem Zeitpunkt aber ist er prominenter denn jemals zuvor.

Doch nicht nur den Frauen soll Tiger Woods SMS geschickt haben, sondern laut der NYT auch einem gewissen Anthony Galea, einem kanadischen Arzt mit Klientel aus der Welt des Sports. Zurzeit in Untersuchungshaft wegen Drogenschmuggels und weiterhin verdächtigt, Dopinghilfe zu leisten. Galea hatte anscheinend Woods mit Eigenblut behandelt, und zwei Tage später habe der Golfer sich so fit gefühlt, dass er behauptete, er könne auf den Küchentisch springen. Für den Golfsport könnte diese Enthüllung schlimmere Konsequenzen haben als alle Bettgeschichten zusammen. Dann nämlich wären die Einbußen nicht nur finanzieller Art, sondern ähnlich wie beim Radsport würde dann auch das allgemeine Image leiden. Und während die Tour de France immerhin zur nationalen Identifikation gehört, ihr schon dadurch eine Existenz zusteht, kann Golf nun wahrlich nicht als Massensport gelten.

Wenn der Golfsport daran untergeht, dann zeigt das nur, wie langweilig er ist. Dass er tatsächlich ein schonender Sport ist für Träger von Herzschrittmachern und Wärmepflaster. TAG Heuer und eine amerikanische Telefongesellschaft halten noch immer an Woods als Werbefigur fest. Wahrscheinlich klug, vor allem für letztere Firma. Denn es sieht nicht so aus, als sei die letzte Geschichte zu dem Mann erzählt. Und er hat noch viele Kurzmitteilungen, die er schreiben kann.

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