Weltberühmter Regisseur in Haft: Roman Polanski festgenommen

Roman Polanski sitzt in der Schweiz in Polizeigewahrsam. Polanski hätte am Sonntagabend am diesjährigen Zürcher Filmfestival das "Goldene Auge" für sein Regie-Lebenswerk erhalten sollen.

Roman Polanski wurde in der Schweiz festgenommen. Bild: reuters

ZÜRICH ap/dpa | Der weltberühmte Filmregisseur Roman Polanski ist überraschend in der Schweiz festgenommen worden. Grund ist ein US-Haftbefehl wegen Vergewaltigung einer 13-Jährigen aus dem Jahre 1978, wie die Organisatoren des diesjährigen Zurich Film Festivals am Sonntag erklärten. Ein Polizeisprecher in Zürich bestätigte die Festnahme des 76-Jährigen, wollte aber keine Einzelheiten nennen.

Im Februar 1978 war Polanski, der seit 1975 französischer Staatsbürger ist, aus den USA geflohen. Dort war ein Prozess gegen ihn anhängig, nachdem er 1977 den sexuellen Missbrauch eines 13-jährigen Mädchens gestanden hatte. Polanski flüchtete, nachdem der Richter ihn mit einer höheren Gefängnisstrafe bedroht hatte als vereinbart.

Ein US-Richter hatte im vergangenen Mai den Antrag Polanskis abgewiesen, den Missbrauchsprozess einzustellen. Der Richter begründete dies damit, dass Polanski nicht selbst in die USA gereist war, um sein Anliegen vorzutragen. Polanski hätte bei der Einreise in die USA die Festnahme riskiert.

Ein Sprecher des Justizministeriums wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Er bestätigte aber, dass die Schweiz und die USA ein Auslieferungsabkommen hätten, das bis in die 50er Jahre zurückreiche und immer noch in Kraft sei. Bei seiner Einreise in die Schweiz war der Regisseur Roman Polanski offiziell in Auslieferungshaft genommen worden. Das bestätigte der Sprecher des Ministeriums, Guido Balmer, auf Anfrage am Sonntag. Der renommierte Filmemacher sei auf Grundlage eines US-Haftbefehls in "provisorischer Haft". Über seine Auslieferung an die USA werde nun im Auslieferungsverfahren entschieden.

Wo sich Polanski derzeit befindet, sagte Balmer nicht. Auf die Frage, warum man den Regisseur, der in den vergangenen Jahren häufig vollkommen unbehelligt in der Schweiz war, gerade jetzt festgenommen habe, sagte der Sprecher: "Wir wussten diesmal genau, wann er einreist." Polanski war vom Filmfestival Zürich eingeladen worden und sollte dort am Sonntagabend für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden.

Scharfer Protest Schweizer Filmemacher

Der Verband der Schweizer Filmer und Filmerinnen protestierte scharf gegen das Vorgehen der Justiz. Die Festnahme sei nicht nur ein juristischer Skandal, der dem Ansehen der Schweiz weltweit immensen Schaden zufügen werde, sondern auch eine Ohrfeige ins Gesicht aller Kulturschaffenden in der Schweiz, erklärte der Verband. Die kulturelle Ehrung eines international anerkannten Filmkünstlers dürfe nicht für eine Schweizer Justizposse ausgenutzt werden. Es sei eine Ungeheuerlichkeit, dass die Schweizer Justiz dem auf einem Haftbefehl aus dem Jahr 1978 fußenden Begehren der USA nachgebe, damit einer der weltweit renommiertesten Filmregisseure wegen eines über 30 Jahre zurückliegenden Falles verhaftet werde.

"Oscar" für Holocaust-Drama

Seit 1978 lebte Polanski unbehelligt in Frankreich und reiste nie mehr in die USA - auch nicht im Jahr 2003, als er mit dem Oscar für die beste Regie im Holocaust-Drama "Der Pianist" ausgezeichnet wurde. Vor dem Großerfolg mit "Der Pianist" hatte Polanski bereits andere bekannte Kinofilme gedreht, so etwa "Ekel" (1965 mit der noch jungen Catherine Deneuve), "Tanz der Vampire" (1967), "Rosemary's Baby" (1968) bis hin zu "Chinatown" (1974) und "Frantic" (1988).

1933 als Sohn jüdischer Eltern in Paris geboren, zog er mit diesen 1936 ins polnische Krakau. Die Mutter verlor Polanski in Auschwitz, er überlebte im Versteck bei Kleinbauern. Ausgebildet wurde Polanski an der Filmhochschule in Lodz. Schon sein 1961 noch in Polen produziertes Kinodebüt "Das Messer im Wasser", das von der eskalierenden Rivalität zweier Männer handelte, war eine Sensation und ebnete ihm den Weg in den Westen.

Zunächst arbeitete der Regisseur in England, dann in Hollywood. Sharon Tate, Hauptdarstellerin der Horror-Komödie "Tanz der Vampire", wurde 1968 dort Polanskis zweite Frau. Hochschwanger wurde Tate im folgenden Jahr von Anhängern des Sektenführers Charles Manson ermordet.

Polanski hätte am Sonntagabend am fünften Zürcher Filmfestival das "Goldene Auge" für sein Regie-Lebenswerk erhalten sollen. Die Festivalleitung zeigte sich in der Mitteilung über die Festnahme bestürzt und betroffen. Sie verschob die Preisverleihung bis auf weiteres, beschloss aber gleichzeitig, die unter dem Motto "Tribute to Roman Polanski" angesetzte Retrospektive mit ausgewählten Polanski-Werken am Sonntagabend programmgemäß aufzuführen.

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