Zukunft der "Berliner Zeitung": Das jüngste Gerücht

Die "Berliner Zeitung" gehört zum Schattenreich von David Montgomery - noch. Auch ein Verkauf würde keinen Wechsel auf die Sonnenseite bedeuten.

Auch die neuen potentiellen Käufer dürften der Redaktion nicht passen. Bild: dpa

"Verleger gesucht", hieß es Anfang Juli 2008 in einer Anzeige auf der taz-Medienseite: Die Redaktion der Berliner Zeitung wollte sich in gute Hände begeben und so gegen ihren Eigentümer, den britischen Medieninvestor David Montgomery, und dessen deutschen Vasallen Josef Depenbrock protestieren. Die JournalistInnen versprachen "engagierte, gründliche und kritische Berichterstattung, Hauptstadterfahrung", verwiesen selbstironisch auf das "meist gute Deutsch profilierter Autoren" im Blatt - und die "beträchtliche Rendite, die sich aufgrund unserer Nachhaltigkeitsstrategie allerdings nicht beliebig steigern lässt". Und so suchte die Berliner Zeitung "eine/n seriöse/n VerlegerIn, die/der eine Zeitung nicht nur macht, um sofort Geld zu verdienen. Sondern die/der zuerst eine Zeitung macht und dann damit Geld verdienen will."

Nun kündet der Dampf aus der Mediengerüchteküche, dass sie ganz passend zum Fest der Feste erhört worden sein könnten: Wie bereits berichtet, sollen sowohl das Kölner Zeitungshaus DuMont Schauberg als auch die gerade im Umbruch befindliche WAZ-Gruppe an den deutschen Titeln von David Montgomery interessiert sein. Und auch der scheint - gedrückt von mehr als einer halben Milliarde britischer Pfund Schulden und einer nur noch bis Ende Februar den Banken abverhandelten Kreditstundung - nicht mehr wie bisher auszuschließen, Teile seines paneuropäischen Reichs zu verkaufen. "Der Vorstand vertraut darauf, im ersten Quartal des neuen Jahres eine Langzeitlösung zu vereinbaren, die Verkäufe einschließt", so Montgomery in einer offiziellen Mecom-Mitteilung an die Londoner Börse. Das Unternehmen habe Angebote für eine ganze Anzahl von Mecom-Töchtern erhalten. In Deutschland gehören neben der Berliner Zeitung die Boulevardblätter Berliner Kurier und Hamburger Morgenpost sowie das Stadtmagazin Tip zu Mecom.

Doch die Sache hat einen Haken: Beide möglichen Käufer sind nicht unbedingt "neue Verleger" nach dem Wunsch der Berliner-Zeitungs-Redaktion, die das Blatt am liebsten in seiner Unabhängigkeit als Hauptstadtzeitung fortführen würde. DuMont (Frankfurter Rundschau, Kölner Stadt-Anzeiger, Express, Mitteldeutsche Zeitung), berichtet der Fachdienst Kress, plane enge Synergien mit der weiterhin schwächelnden FR. Enge Beziehungen gibt es heute schon: FR-Chefredakteur Uwe Vorkötter war vorher in gleicher Position bei der Berliner Zeitung und nahm wegen Montgomerys Sparplänen den Hut - und einen ganzen Schwung Berliner-Zeitungs-KollegInnen mit nach Frankfurt.

Doch sein seit zwei Jahren im kleinen Tabloid-Format erscheinendes überregionales Blatt verkauft sich derzeit sogar schlechter als die Berliner Zeitung (gut 10.000 Exemplare weniger pro Tag). Eine weitgehende Zusammenarbeit dürfte aber kaum zugunsten der Berliner Zeitung ausgehen - schließlich ist die FR der überregional eingeführte Titel. Zudem gehört DuMont der Laden nicht ganz, und die anderen Beteiligten, die SPD-Presseholding DDVG sowie die nach dem Zeitungsgründer benannte Karl-Gerold-Stiftung, dürften sich einer Degradierung der FR zum an einen Berliner Titel angehängten Regionalblatt aufs Heftigste widersetzen. Ähnliches gilt in geringerem Maße für den Boulevardbereich, wo DuMont der Hamburger Morgenpost wie dem Berliner Kurier wohl eine enge Zusammenarbeit mit dem hauseigenen Express verordnen dürfte.

Und die WAZ? Die baut gerade ihre Titel in NRW nach einem Zentralredaktionsmodell um (taz berichtete): Aus Essen kommen demnächst die überregionalen Seiten für alle vier Blätter, bei denen neben der Regional- und Lokalberichterstattung nur noch eine Rumpf-Redaktion für eigene Akzente sorgt. Die WAZ-Gruppe ist auch der größte Zeitungsverlag Thüringens. Auch hier haben die drei bislang voneinander unabhängigen WAZ-Titel Thüringer Allgemeine, Thüringische Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung seit 2006 fast 10 Prozent an Auflage eingebüßt. Was läge da näher, als eine Lösung à la NRW zu fahren: Die Berliner Zeitung wäre die Zentrale, während den Blättern aus Erfurt, Weimar und Gera wohl nur eine nachgeordnete Rolle bliebe - für die man dann deutlich weniger JournalistInnen bräuchte.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.