Deutsches Handy-TV stagniert: Offline 3.0

Die Technik ist längst reif für mobiles Glotzen. Doch ein groß angelegter Versuch deutscher Verlage, das "Mobile 3.0"-Konsortium, kommt nicht in Gang. Die Landesmedienanstalten haken nun nach.

Kann doch nicht so schwer sein. Bild: dpa

BERLIN taz Nun verlieren auch die Landesmedienanstalten ihre Geduld mit dem deutschen Handy-TV-Konsortium. Unter dem Namen "Mobile 3.0" war es angetreten, das Fernsehen endlich auf deutsche Handys zu bringen. Doch es ging nicht recht voran.

Eigentlich sollte bereits die Fußball-EM mobil zu sehen sein. Vergangene Woche überraschte dann ausgerechnet das Handelsblatt mit der Nachricht, Mobile 3.0 sei am Ende. Dabei hält Handelsblatt-Besitzer Holtzbrinck doch selbst Anteile an jenem Zusammenschluss, der seit mehreren Jahren erfolglos versuchte, den Deutschen das mobile Glotzen beizubringen. Weitere Beteiligte sind Burda, der "New Economy"-Überlebenden Paulus Neef sowie dem südafrikanischen Medienkonzern Naspers. Eigentlich doch potente Investoren.

Nun wollen die Landesmedienanstalten offiziell von Mobile 3.0 wissen, was an diesen Meldungen dran sei. Zum Vertrieb und zum Aufbau des Sendernetzes fehlten noch wichtige Verträge, bemängelt deren Sprecher Thomas Langheinrich. In seiner Position als Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten verlangt er nun zu wissen, was denn nun an den Medienberichten der vergangenen Woche genau dran sei.

Demnach ist nämlich nicht nur der aktuell laufende Testbetrieb eingestellt, auch die restlichen Aktivitäten sollen ruhen. Mobile 3.0 hatte offenbar weder Netzbetreiber noch Handy-Hersteller ins Boot holen können. Tatsächlich sprach man zum Schluss offenbar nicht einmal mehr miteinander: So gab der zweitgrößte deutsche Mobilfunkanbieter Vodafone zu Protokoll, er habe "auf Arbeitsebene zuletzt im Oktober 2007" mit Mobile 3.0 verhandelt, wie das Handelsblatt wusste.

Da half es auch nichts, dass kürzlich der IT-Branchenverband Bitkom nochmals versuchte, gute Stimmung zu machen: Laut einer Umfrage hätten "über 5,5 Millionen Deutsche" ein Interesse daran, "Olympia 2008 mobil zu verfolgen". Ohne Geräte und Sender geht das natürlich nicht.

Das Scheitern von Mobile 3.0 hat Marktbeobachtern zufolge mehrere signifikante Gründe - technische, aber auch wirtschaftliche. So versuchte das Konsortium, den Mobil-TV-Standard DVB-H ("Digital Video Broadcasting - Handheld") umzusetzen. Dieser hatte sich zwar europaweit unter anderem gegen den asiatischen Konkurrenten DMB durchgesetzt.

Das Problem: Die Handy-Hersteller, darunter Nokia, kamen nur schleppend mit Geräten auf den Markt. Das zweite Problem: Mobile 3.0 wollte sein TV-Angebot, das neben Standardkost von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten über einige wenige Spezialkanäle hätte verfügen sollen, gegen eine Monatsgebühr von 5 bis 10 Euro anbieten.

Doch dieses Geschäftsmodell schmeckte offenbar weder der Kundschaft noch den Netzbetreibern, die fürchteten, dass die dann weniger Geld für andere Mobilfunkdienstleistungen ausgeben würden. Schließlich sitzt das Geld nicht mehr so locker.

Zu guter Letzt wurde DVB-H dann auch noch technisch überholt. Seit Frühling bieten mehrere Handy-Hersteller erste Geräte an, die den TV- Empfang über die Standardtechnologie DVB-T ermöglichen, mit denen ganz normale Fernseher digital versorgt werden. Das kostet nichts, weil in Deutschland keiner der Sender verschlüsselt ist und funktioniert soweit technisch bereits gut. Es schränkt allerdings die Leistungsfähigkeit der Handy-Batterie stark ein, was in der nächsten Gerätegeneration behoben sein soll.

Ergo: Zuletzt sprach eigentlich fast alles gegen Mobile 3.0. Das Handy-TV aber sollte in nicht allzuferner Zukunft kommen.

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