Beate-Uhse-TV geht's nicht gut: Stöhn!

Beate-Uhse-TV geht es nicht gut, weil prüde Jugendschützer Pornos in Erotik weich spülen wollen und die Konkurrenz so billig ist. Was jetzt?

In der neuen Staffel von "Gute Mädchen, böse Mädchen" (GMBM) zieht Fotograf und Agenturchef Hannes mit seinen sexy Models Cheyenne LaCroix (platinblond), Biggi Bardot (platinblond) und Mandy Styles (brünett) von Hamburg nach Berlin. "Ein Kurier liefert den Sexratgeber, den sich Lukas aus Neugier bestellt hatte. Die Lektüre regt die Frauen zu einigen Spielchen an", so die Inhaltsangabe zur Folge vom 20. März, daneben ein Bild von sich kabbelnden Mädels inklusive bloßen Boobs mit viel Augen-Make-up darüber. Berlin-Kreuzberg ist ein heißes Pflaster.

Hinter den Büros von Beate-Uhse.TV, dessen Hauptquartier in einem stattlichen, hohen Altbau am Tempelhofer Ufer untergebracht ist, hat man ein paar Räume mit Plastikpalmen, einer ausladenden Dusche, merkwürdig künstlichen Büroutensilien und einem "Shootingatelier" ausgestattet und produziert hier die Erotiksoap "GMBM" über die amourösen Abenteuer in der fidelen fiktiven Agentur.

Der Geschäftsführer von Beate-Uhse.TV heißt Andreas Fischer und hat ein geräumiges Büro mit einem großen Fernsehbildschirm, einem Schreibtisch und einem Besuchersofa unter einem Poster mit viel Nacktem. Seit genau sieben Jahren gibt es den konzernangeschlossenen Sender, knapp zehn Stunden am Tag - von 20 Uhr abends bis viertel vor sechs morgens - schütteln Biggi, Mandy, Cheyenne und die anderen, was sie haben, wer das richtige Premiere-Paket hat oder separat dazubucht, kann ihnen dabei zuschauen.

Fischer ist dunkelhaarig, schlank und kann stundenlang durchsprechen, ohne sich stören zu lassen. "Wir haben einen Filmanteil von rund 80 Prozent, Lizenzfilme, davon 70 Prozent internationale Produktionen, und auch ein paar deutsche", hebt er an, "und eine Reihe von Formaten, Serien, Reportagen, Dokus." Thematisch natürlich begrenzt. Softpornos gebe es eigentlich nicht, erklärt er. "Es gibt Erotikfilme und Pornofilme. Alles, was wir ausstrahlen, ist FSF- beziehungsweise FSK-geprüft, entspricht den deutschen Jugendschutzbestimmungen", ist also Erotik, kein Porno. Ums Verrecken nicht.

Fischer wird warm, denn jetzt kommt sein Lieblingsthema: "Die deutschen Jugendschutzbestimmungen sind europaweit einmalig streng, und der Pornografiebegriff ist international gesehen ein eher exotischer. Deshalb, nichts gegen Jugendschutz, da sind wir völlig daccord, aber unsere tägliche Aufgabe ist es, mit diesen fünf Pornografiekriterien zu leben, die 1969 anlässlich der Buchveröffentlichung von Fanny Hill geschaffen worden sind."

Fischer lugt auf einen Spickzettel hinter seinem Computerbildschirm, auf dem die Kriterien stehen - alleiniges Ziel der sexuellen Stimulierung, reißerisches Inszenieren der Geschlechtsteile und so fort - und doziert weiter. Bei vielen Szenen aus den fremden Produktionen müsse man beispielsweise ein Voice Over drüberlegen, um eine moralische Rahmenhandlung zu schaffen - Girl meets boy und will Sex, aber im Off-Kommentar erfährt man, dass sie ihn von früher kennt und immer schon mit ihm pimpern wollte. Somit wird aus dem One-Night-Stand eine romantische Beziehung. Auch auf die Tonebene müsse man aufpassen, erklärt Fischer, "aus ,tiefer, schneller, weiter' machen wir dann eben ,Liebling, du bist so zärtlich'. Und lautes Stöhnen etwa ist verboten, weil ,grob anreißerisch' und somit pornografisch. Da müssen wir dann Gema-freie Klaviermusik drüberlegen, was die Szenen nicht unbedingt erotischer macht." Verlogen findet Fischer das und echauffiert sich richtig bei dem Thema; das sei, als müsse man einen Western ohne Pferde zeigen, und überhaupt, dass andere führende deutsche Medienhäuser ihre Video-Communitys nicht richtig pflegen, das ärgert ihn ebenfalls furchtbar.

Schnell demonstriert er am Computer, was er meint: Nur sehr wenige Klicks entfernt von der RTL- oder ProSieben-Homepage geht es auf die den Sendern angeschlossenen Video-Portale, bei denen Mitglieder nach Youtube-Manier Clips hochladen können. "Da kommen überall Sexbilder, pornografische Inhalte", erklärt der Fachmann, und dass das "auf der ordnungspolitischen Ebene zwar ein Ärgernis" sei, aber sich der Gesetzgeber "da nicht einmische, weil er sagt, das ist ein Problem der zweiten, dritten Link-Ebene, was nicht stimmt, weil die Angebote unmittelbar verlinkt sind!" Man halte sich ja gern an die Regeln, fährt Fischer fort, verlange für die Produktionen Ausweiskopien aller Darsteller samt umfangreichen Gesundheitstests und zum Beleg des Aufnahmedatums ID-Shots mit der aktuellen Tageszeitung, aber dass das nicht für die anderen Markteilnehmer gelte, sei doch irgendwie …

Beate-Uhse.TV geht es also nicht gut, die Konkurrenz ist billig, weiß sich - durch Produktionen in anderen Ländern und kleine Verschleierungstricks im Netz - in Sachen Zeigefreudigkeit zu helfen, und zu allem Überfluss läuft es an der Börse auch noch beschissen. Fischer zeigt die Räume, in denen "GMBM" gedreht wird, die Büros, in denen freundliche KollegInnen sitzen, er zeigt das Lager mit Abertausenden von Filmen mit Titeln wie "Dicke Dinger auf der Bowlingbahn".

"Titeln macht am meisten Spaß", findet Fischer. "Sie dürfen nicht verwenden: Teenie, Schülerin, junge, dicke Frau darf man nicht schreiben, denn das findet der Jugendschutz diskriminierend. Scharfe Polin geht nicht, rassige Italienerin schon." Absurd. Aber scheinbar muss es einer machen. Beim Rausgehen gibt es eine Pressetasche mit einem Kuli, auf dem zwei flotten Italienerinnen mit dicken Dingern die Unterwäsche runterrutscht, wenn man ihn umdreht. Das ist bestimmt jugendfrei.

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