Die unheilige Ehe von TV und Kino: Trennt euch endlich!

Fernsehen und Kino können nicht ohne, aber auch nicht miteinander. Das bestätigt eine Podiumsdiskussion in Berlin. Nur wo bleibt die Vision für die Zukunft?

Filmen gleichzeitig fürs Fernsehen und fürs Kino: Lieber mal eine Scheiß-Einstellung? (Set vom ZDF-Zweiteiler "Das Geheimnis der Wale") Bild: dpa

Die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten sollten mehr Geld für Kinofilme ausgeben, forderte ein Regisseur nach einstündiger Diskussion, zu der die Deutsche Filmakademie am Sonntag in die Berliner Akademie der Künste geladen hatte. Und was sagte Hans Janke, der Fernsehspielchef des ZDF, darauf? Man solle "nicht noch mehr Geld spendieren".

Es ging kurz ein Raunen durch den Saal, der mit Produzenten, Regisseuren, Schauspielern und Redakteuren gefüllt war; ein anderer Zuhörer wies Janke darauf hin, dass das ZDF seines Wissens von Rundfunkgebühren finanziert werde, also auch nicht spendiere, sondern nur verteile. Janke zog das Wort daraufhin zurück. Und doch: Es stand. Wie nennt man solche Versprecher doch gleich? Verräterisch?

Es ist natürlich simpel, auf den Öffentlich-Rechtlichen herumzuhacken, weil die ihr Geld hinten rein eingetrieben kriegen, während es andere erwirtschaften müssen. Trotzdem: Diese Tatsache ist wesentlich in der Debatte über das Verhältnis von Fernsehen und Kino, in der es um die Frage geht, ob das Fernsehen - weil es sich das leisten kann - dem finanziell abhängigen Kino zu viel reinquatsche und so seine ästhetische Autonomie gefährde. Janke, WDR-Film-Programmleiter Gebhard Henke, Regisseur Stefan Ruzowitzky ("Die Fälscher"), die Produzenten Gloria Burkert und Stefan Arndt und der FAS-Filmkritiker Peter Körte versuchten sich an einer Weiterführung der Debatte.

Für größere Trennschärfe zwischen Kino- und Fernsehfilm plädierte Körte, der in einer Polemik geschrieben hatte: Indem das Fernsehen "den deutschen Film nach seinem Bilde formt, indem es ihn auf Sendetauglichkeit trimmt, deformiert es ihn zugleich. Und seit die Töpfe der Filmförderung auch für große Fernsehproduktionen offenstehen, hat die Trennschärfe zwischen Kino- und Fernsehfilm noch weiter abgenommen." Was Janke und Henke nun zum Anlass nahmen, Körte vorzuwerfen, er sehe das Fernsehen als Medium, "das per se schon das mindere ist". Ruzowitzky aber stimmte Körte in einem Punkt zu: "Das Publikum will im Kino etwas Größeres, als es im Fernsehen bekommt, sonst würde es zu Hause bleiben." Die Trennschärfe müsse daher gewahrt bleiben.

Was jedoch die konkrete Einflussnahme des Fernsehens betreffe, betonte Henke, wie schon unlängst im taz-Gespräch: Es gebe sie nicht. Der Redakteur eines Senders bitte ja keinen Filmemacher, lieber "mal eine Scheißeinstellung" zu machen, der Film solle ja auch noch im Fernsehen gezeigt werden. "Noch nie wurde mir ein Schauspieler verboten, noch nie wurde mir ein Drehbuch umgeschrieben", bestätigte Arndt. Gloria Burkert allerdings sagte nach der Debatte: "Natürlich gibt es eine Schere im Kopf von Drehbuchautoren und Regisseuren." Wenn ein Film fürs Kino entstehe, zugleich aber auch im Fernsehen gezeigt werde, denke man anders. "Das müssen aber die Autoren und Regisseure beheben."

Weniger versöhnlich sind die Positionen in wirtschaftlichen Fragen: Kino geht - unbestritten von allen Beteiligten - nicht ohne Fernsehbeteiligung. Und die wirtschaftliche Abhängigkeit, sagte Arndt, "finde ich unerträglich". Er träume von einer eigenständig funktionierenden Filmwirtschaft. Burkert aber verwies im Gespräch mit der taz darauf, dass es ja auch dann Abhängigkeiten gebe, "wenn das Geld woandersher kommt".

Es fehlt also, obwohl es um eine kreative Branche geht, an einer plausiblen Zukunftsvision. Das ist das vorläufige Ergebnis der Debatte. Vielleicht muss bald mal jemand eine spendieren.

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