Verein will Homosexuelle "heilen": Umpolerclub im Visier

Der Verein Wüstenstrom will Schwule "heilen". Seine Opfer gehen an die Öffentlichkeit - doch er wehrt sich gegen kritische Berichterstattung.

Laut Wüstensturm gehört "homo" nicht auf den Maibaum. Bild: dpa

Der SWR legt nach: Im Magazin "Zur Sache, Baden Württemberg!" wird er heute um 20.15 Uhr erneut über den obskuren Verein Wüstenstrom berichten. Schon vor zehn Tagen war die evangelikale Organisation aus Tamm bei Ludwigsburg Thema der "Landesschau" gewesen. "Um die 50 E-Mails" hat die Redaktion laut Leiter Florian Schwab daraufhin erhalten. "Ungewöhnlich feindselig" seien sie gewesen - und geprägt durch "wiederkehrende Textbausteine".

Wüstenstrom versteht Homosexualität als durch einen wünschenswerten "Seelsorge- und Therapieprozess" veränderbar - und bietet ihn an. Die SWR-Autoren Martin Klein und Caroline Wenzel hatten für ihren "Landesschau"-Film erstmals ein Opfer dieser "Therapie" zu einer öffentlichen Äußerung bewegen können. Unkenntlich gemacht, berichtet "Andreas" über die Folgen von drei Jahren Wüstenstrom-Seminaren: dauerhafte Magenkrämpfe, verbunden mit dem "Gefühl, es zerreißt mich" - Symptome einer Depression. Andere habe die praktizierte Nächstenliebe sogar in Selbstmordversuche getrieben.

Er kenne niemanden, der unter ihrer Hilfe gelitten habe, kontert Vereinssprecher Stefan Schmidt im Beitrag. Ein paar Geschädigte muss der Umpolerclub aber doch auf der Liste haben: Der Stuttgarter Anwalt Stefan Weidner beschäftigt sich gerade mit einer Unterlassungsverpflichtungserklärung, die ein Mandant erhalten hat. In ihm will Wüstenstrom den Film-Andreas erkannt haben.

Heute werden gleich zwei anonyme Opfer der evangelikalen "Therapie" im SWR auftreten. Die Senderjustiziare wird das kaum beschäftigen. Denn der christliche Verein greift meist da an, wo er geringen Widerstand vermutet: Der Versuch, sich Informanten wie "Andreas" zu krallen, ist ein Beispiel. Ein anderes ist das Zivilverfahren gegen den freien Journalisten Eckhard Stengel. Der hatte in drei Zeitungen über die Laientherapeuten berichtet. Statt der Verlage attackierte Wüstenstrom den Einzelkämpfer - und kassierte eine Schlappe vorm Landgericht Frankfurt: Stengel darf weiter behaupten, dass Wüstenstroms Angebot an Homosexuelle darin besteht, diese umzupolen.

Die Vereinshomepage erwähnt die Niederlage - um sie zu bagatellisieren: "Einen ,Prozess'", steht da, "hat es nicht gegeben." Das ist nicht falsch, obwohl unter Aktenzeichen "2/03 O 154/08" ein Urteil abgelegt ist, das die 3. Zivilkammer nach mündlicher Verhandlung am 8. Mai verkündet hat. Ein Urteil ohne Prozess? "Das ist extrem spitzfindig", sagt der Gerichtssprecher Stefan Möller. Es war ja ein Eilverfahren. "Ich wäre jedenfalls", sagt Richter Möller, "nicht darauf gekommen, das nicht als Prozess zu bezeichnen."

BENNO SCHIRRMEISTER

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