Datenkrake Google bessert nach: Ein bisschen mehr Transparenz

Mit einem neuen Dienst soll es Nutzern künftig möglich sein, die bei dem Internet-Riesen vorhandenen Daten besser zu kontrollieren. Die wirklich spannenden Infos fehlen aber immer noch.

Es wird weiter kräftig weiter gesammelt bei Google. Bild: ap

BERLIN taz | Wenn es einen zentralen Vorwurf gibt, den der Internet-Konzern Google nahezu täglich hören muss, ist es der, eine Datenkrake zu sein. Der Suchmaschinenriese besitze viel zu viele Informationen über jeden einzelnen von uns, heißt es dann von Netzbürgerrechtlern oder Datenschützern. Wirklich gegen solche Angriffe wehren kann sich Google nicht - schließlich entsprechen sie größtenteils der Wahrheit.

Einen neuerlichen Versuch, sein Image in dieser Richtung aufzupolieren, hat der US-Konzern nun aber trotzdem gestartet. Seit Donnerstag ist eine neue Funktion namens "Google Dashboard" online, mit der Nutzern "größere Datentransparenz und -kontrolle" gegeben werden soll. Die Idee dabei: Künftig soll es an einem zentralen Ort, eben jenem "Armaturenbrett", möglich sein, alle bei Google eingestellten Daten eines Users einzusehen, privatsphärenrelevante Daten zu verändern und Accounts notfalls auch zu löschen.

Den Überblick, den man per "Dashboard" erhalten kann, dürfte so manchen Nutzer daran erinnern, wie weit der Internet-Konzern inzwischen in unser Leben vorgedrungen ist. So zeigt das Dossier die Anzahl der Mails bei Google Mail, die bei YouTube hinterlegten Videos und die Fotos bei Picasa. Was im Google Calendar vermerkt ist, kann man ebenso sehen wie die Bürodokumente in Google Docs oder die Nachrichtenfeeds in Google Reader. Manche Dienste fehlen noch, könnten aber bald hinzukommen - der Kartendienst Maps beispielsweise.

Bei Google Deutschland gab man sich am Donnerstag während einer Pressekonferenz in Berlin stolz auf "Dashboard", schließlich sei die Technik im Münchner Entwicklungszentrum entstanden - und zwar auch, weil in Deutschland relativ strenge Datenschutzregeln gelten. Trotzdem habe man "Dashboard" gleich weltweit eingeführt und werde es nun weiter ausbauen.

Das Problem: Die bei dem Dienst dargebotenen Daten sind keineswegs vollständig. Zu sehen ist allein, was nutzerseitig beeinflusst werden kann. Unter dem Menüpunkt "Web-History" kann man lesen, was man in letzter Zeit in den einzelnen Google-Diensten so alles gesucht hat. Das erscheint allerdings nur dann, wenn man die entsprechende Funktion in seinem Account aktiviert hat, was aufgrund des Unheimlichkeitsfaktors nur wenige Nutzer tun.

Dabei speichert Google Suchanfragen auch ohne eingeschaltete "Web-History": Mindestens neun Monate lang liegen diese zusammen mit einem eindeutigen Datenkrümel ("Cookie") und der anfragenden Internet-Adresse (IP) in den Log-Dateien des Internet-Riesen, erst danach werden sie teilanonymisiert. Löschen oder zumindest einsehen kann die niemand von außen. "Diese Datenbestände sind getrennt", so "Dashboard"-Entwicklungsleiter Wieland Holfelder. Der machte auf Nachfrage zwar Hoffnung, dass man erwäge, den Dienst um zusätzliche Daten zu erweitern, blieb sonst aber wolkig, wie das denn in Sachen Log-Files genau aussehen könnte.

Dabei wäre eine bessere Kontrolle wirklich aller bei Google gespeicherten Daten durch die Nutzer enorm wichtig. Der Konzern wird nämlich zunehmend von außen unter Druck gesetzt, seinen reichen Datenschatz zu öffnen. In den USA gab es in den letzten Monaten zwei Fälle, in denen Gerichte den Internet-Riesen mit - so die Vorwürfe von Netzbürgerrechtlern - erstaunlich wenig Gegenwehr zur Herausgabe von sensiblen Daten zwangen.

In einem Fall ging es um eine Frau, die sich auf einem von Google gehosteten Blog beleidigt sah und die anonyme Urheberin offengelegt haben wollte. Google tat auf richterliche Anordnung wie geheißen. In einem zweiten, noch spektakuläreren Fall um einen mutmaßlich betrügerischen Hedge-Fonds-Manager kramte Google auf richterliche Anordnung dessen eigentlich längst gelöschte Google Mail-Botschaften von seinen Backup-Servern hervor, in denen er sich schwer belastete. (Allerdings beschloss der Richter schließlich, diese Daten dann doch nicht im Verfahren zuzulassen.)

Per Meyerdierks, seines Zeichens Datenschutzbeauftragter von Google Deutschland, sagte auf Anfrage von taz.de, Google müsse rechtmäßigen Anfragen von staatlichen Stellen nachkommen. Er betonte, das Unternehmen habe sich etwa erfolgreich gegen das US-Justizministerium verteidigt, das vor Jahren zahlreiche Suchanfragen-Logfiles haben wollte. Warum in den beiden genannten Fällen in Amerika dennoch derart schnell Daten herausgerückt wurden, wollte er jedoch nicht kommentieren, dafür kenne er die Vorgänge zu wenig.

Google Deutschland selbst gibt in rechtlichen Fragen derweil sowieso nur den Weiterleiter: Will jemand klagen oder Daten von Verdächtigen, verweise man stets auf die US-Konzernmutter, die der eigentliche Betreiber aller Google-Dienste sei.

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