Google drängt auf fernsehmarkt: Googlest du noch oder glotzt du schon?

Die Gerüchte stimmten: Der Netzriese will nun auch im Fernsehbereich mitmischen. Googles Software soll dafür in Fernseher eingebaut werden, Partner ist unter anderem Sony.

Die Grundidee von Google TV ist die Verschmelzung von Internet und Fernsehen. Bild: google.com/tv

Wenn es nach Google geht, wird der Internet-Riese künftig zum Portal in die Fernsehwelt: Statt sich beim Einschalten des Gerätes durch die Kanäle zu zappen, soll der Zuschauer dort mit "Google TV" eine speziell angepasste Version der Suchmaschine zu sehen bekommen, die, wenn alles klappt, mit wenigen Tastenanschlägen auf einer drahtlosen Tastatur den TV-Abend versüßt.

Wie der Netz-Konzern am Donnerstagabend auf seiner Entwicklerkonferenz "I/O" in San Francisco bekannt gab, könnten bereits in einigen Monaten erste Geräte auf den Markt kommen, die mit einem speziell angepassten Betriebssystem laufen, das aus Googles bekannter Handy-Software "Android" hervorgegangen ist. Die neue Technik soll direkt in neue Flachbildschirme eingebaut werden. Außerdem sind so genannte Settop-Boxen mit Google TV geplant - kleine Kästchen, die man auch an ältere Flachfernseher anschließen kann, um diese dann nachzurüsten. Selbst der Einbau in Blu-ray-Player wird laut Google angestrebt - die könnten dann nicht nur hochauflösende Filme anzeigen, sondern auch Google TV.

Erste Industriepartner nannte der Internet-Riese bereits: Es sind der japanische Unterhaltungselektronikgigant Sony und der vor allem als Maus- und Tastatur-Hersteller bekannte Zubehörspezialist Logitech aus der Schweiz. Während Sony seine "Internet TV" genannte High-End-Fernseherlinie direkt mit Google-Technik ausstatten will, plant Logitech den Verkauf einer Settop-Box zum Nachrüsten. Diese lässt sich an jeden Fernseher mit HDMI-Eingang anschließen und soll mit einer drahtlosen Kombination aus Fernbedienung und Tastatur verkauft werden. Weder für die Sony-Geräte noch für die Logitech-Settop-Box wurden Preise oder genauere technische Details genannt. Als erster Markt werden zunächst die USA mit ihren zahlreichen Kabel- und Satelliten-TV-Angeboten angepeilt.

Die Grundidee von Google TV ist die Verschmelzung von Internet und Fernsehen. Während die Zuschauer vor der Glotze zunehmend den Überblick verlieren, kennt das Netz nur den "alles jetzt sofort"-On-Demand-Ansatz. Doch der PC-Bildschirm ist klein. Aus diesem Grund soll das beste am Netz nun auch auf den großen Fernseher im Wohnzimmer geholt werden.

Google TV arbeitet zunächst wie eine Suchmaschine: Der Nutzer kann das, was ihn interessiert, in eine Maske eintippen. Anschließend erscheinen Inhalte sowohl bei seinem Fernsehverantstalter als auch aus dem Netz - etwa Film-Dienste wie "Hulu". TV-Bild und Suche können zudem parallel sichtbar gemacht werden. Auf der Box (oder im Fernseher) befindet sich ein leistungsstarker Hauptprozessor, an Software sind neben Android auch das Web-Programm Chrome sowie diverse Internet-Anwendungen von YouTube bis Google Mail vertreten, die man dann auch über den Fernseher nutzen kann. Auch Flash-Filme beherrscht die Kiste, die Grundlagen sollen zudem als offener Quellcode vorliegen, damit externe Programmierer beitragen können.

Noch ist unklar, ob Google sich überhaupt in die Nische zwischen den TV-Veranstaltern und den Zuschauern zwängen kann. Die meisten TV- und Kabel-TV-Anbieter nutzen eigene Settop-Boxen, die sie zudem mit Zähnen und Klauen verteidigen, weil sie die Grundverschlüsselung ermöglichen. Google TV kann allerdings mittels einer Ansteuerung der Originalfernbedienung ("IR Blaser") auch auf diese Angebote zugreifen, selbst wenn die Anbieter nicht wollen. Das aktuelle TV-Programm wird regelmäßig aktualisiert. Ob Google TV auch einen digitalen Videorekorder enthält, ist unklar - besonders wahrscheinlich ist es nicht, weil Google darauf setzt, dass die Menschen zunehmend Internet-TV schauen.

"Was dem TV fehlt, fehlt dem Web - und umgekehrt", hieß es zur Google TV-Vorstellung. "Im Netz ist das Auffinden und das Nutzen von interessanten Inhalten ganz einfach. Im Fernsehen gibt es dagegen ein qualitativ hochwertiges Seherlebnis", so Google-Manager bei der Ankündigung. Diesen Widerspruch wolle man aufheben. Fernsehen solle zu einem "ganz neuen Ökosystem" werden.

Geschäftliches Ziel Googles ist glasklar der noch immer höchst lukrative TV-Werbemarkt. Er liegt allein in den USA Expertenangaben zufolge bei 70 Milliarden Dollar. Versuche, sich als Reklamedienstleister zu etablieren, waren für Google hier bislang gescheitert, weil die Firma mit TV-Kanälen zusammenarbeiten musste; mit Google TV kontrolliert das Unternehmen nun die Box, in der die Kanäle auftauchen. An der Technik selbst wird Google dagegen nichts verdienen: Unterhaltungselektronikhersteller können das Betriebssystem umsonst haben. Wenn sich jetzt nicht die Medienkonzerne querstellen, könnte das sogar klappen.

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