Bösartige Programme auf Smartphones: Nazi-Müll für Google-Handys

Mit nur wenigen Mausklicks können Händler Programme auf Googles Software-Laden anbieten. Der Konzern nennt das "Freiheit". Manche Anbieter nutzen das aus.

Geht's um die Anwendungen für "Android"-Smartphones, sieht Google manchmal etwas unscharf. Bild: reuters

Als der bekannte amerikanische IT-Marktforscher und Kolumnist Michael Gartenberg kürzlich das englische Wort für "jüdisch" in die Suchmaschine von Googles Handy-Softwareladen eintippte, erhielt er nicht etwa nur religiöse Anwendungen oder jüdische Kulturkalender. Stattdessen tauchte gleich ganz vorne beinharte Nazipropaganda auf - Hakenkreuz-Themen für das Google-Betriebssystem Android beispielsweise. So gab es das "Adolph Hitler Theme" von einem Hersteller namens "Creature Apps" für schlappe 2 Dollar 99.

Mittlerweile hat Google zumindest diese Nazi-Schmiererei aus seinem "Android Market" entfernt. Doch dass es dabei bleibt, ist nicht besonders wahrscheinlich. Während Apple bei seinem iPhone jede einzelne Anwendung vor dem Einstellen in seinen Software-Laden (App Store) checkt, bevor sie durchgelassen wird, kostet die Publizierung von Anwendungen im Android Market nur wenige Mausklicks seitens des Programmierers. Bei Google sieht man das als positiv an und positioniert sich gerne gegen Apples geschlossenere Plattform, die in den letzten Jahren schon viel Kritik einstecken musste. Dass im Android Market auch Unschönheiten auftauchen, nimmt man offenbar in Kauf.

Nicht, dass Nazi-Propaganda im Android Market tatsächlich erlaubt wäre: In seinen offiziellen "Inhaltsvorschriften für Entwickler" verbietet Google unter anderem "das Bewerben von Hass und die Aufwieglung zur Gewalt". Auch Pornos, "Obszönitäten", Nacktheit und "sexuelle Aktivitäten" sind offiziell untersagt. Da Google seinen Software-Laden aber nicht oder nur wenig kontrolliert, gibt es auch letzteres zu sehen.

Apple-Boss Steve Jobs verleitete das in der Diskussion um das Verbot blanker Busen in iPhone-Apps zu der Feststellung, wer Pornos haben wolle, solle sich doch ein Android-Handy kaufen. "Da gibt es einen ganzen Laden nur für Pornografie." Sowohl iPhone als auch Android besitzen allerdings völlig unzensierte Browser für den Web-Zugang.

Apple hatte indes im vergangenen Jahr ebenfalls mit einem Nazi-Vorfall in seinem Software-Laden zu kämpfen: Im italienischen App Store tauchte im vergangenen November kurzzeitig eine spanische Übersetzung von Hitlers "Mein Kampf" auf. Apple löschte innerhalb weniger Tage nach ersten Presseberichten, hatte den braunen Müll beim Einstellen aber zunächst nicht bemerkt.

Neben unerwünschten Inhalten dürfte der Android Market mit seinem sehr freien Ansatz in den nächsten Monaten mit einem weiteren Problem zu kämpfen haben, glauben Experten: Datenschädlinge, Malware und Programme, die Daten abzapfen. Einen ersten Vorgeschmack gab es dafür jetzt. Wie der IT-Sicherheitsspezialist Symantec am Dienstag berichtete, ist seit Juli ein Spiel im Android Market, das die Nutzerbewegungen per GPS aufzeichnet, ohne dass dieser etwas davon mitbekommt. Der Hersteller macht damit sogar ein Geschäft: Eine zweite Software dient dazu, die gewonnenen GPS-Standortdaten auszulesen. Während das spionierende "Spiel" natürlich nichts kostet, werden für den Überwacher 5 Dollar fällig, um alle 15 Sekunden die aktuelle Position seines Opfers zu erhalten. Zuvor hatte eine Studie des "App Genome Project" bereits eine chinesische Android-Anwendung aufgedeckt, die das Potenzial hatte, die Handy-Daten des Nutzers an einen ausländischen Server zu schicken.

Aber auch hier ist Android nicht allein - auch in Apples App Store gab es bereits Programme, die mehr Daten sammelten, als sie durften. Die Chance, dass diese durchrutschen, gilt Beobachtern allerdings als deutlich geringer als bei Android - weil eben noch ein Mensch auf das neue Programm schaut. Wer "bösen" Code verstecken will, hat aber auch bei Apple Möglichkeiten. Der Schweizer Sicherheitsforscher Nicolas Seriot warnte im letzten Winter, das iPhone sammele potenziell "mehr Daten, als dem Nutzer lieb ist". Auch Apple selbst genehmigt sich einen Schluck aus der Infopulle: Das Unternehmen baut mit Hilfe (allerdings anonymisierter) iPhone-Standortinfos eine eigene Geodatenbank auf, wie kürzlich vor dem US-Kongress bekannt wurde.

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