UNO soll Schünemann rügen

KINDERRECHTE Weil er Flüchtlingsfamilien ein Aufenthaltsrecht geben will, wenn ihre Kinder gut in der Schule sind, beschwert sich die Gesellschaft für bedrohte Völker bei der UNO über Niedersachsens Innenminister

„Man kann doch nicht drohen: Entweder bist du jetzt gut in der Schule oder ihr müsst zurück ins Kosovo“

Tilman Zülch, GFBV

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GFBV) hat sich bei der UNO über Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) beklagt. Der hatte angeregt, Flüchtlingsfamilien ein Bleiberecht zu gewähren, wenn die Kinder gute Leistungen in der Schule zeigen. „Das ist ein klarer Verstoß gegen die von Deutschland ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention“, sagte der GFBV-Vorsitzende Tilman Zülch. Die GFBV mit Sitz in Göttingen hat Beraterstatus bei der UNO. Die soll nun prüfen, ob Schünemanns Ansinnen die Konvention verletzt.

Der Minister hatte seinen Vorschlag damit begründet, dass Kinder in Sippenhaft genommen würden, wenn ihre Eltern abgeschoben werden. „Wir berauben sie damit vielleicht ihrer einzigen Chance, ein eigenes erfolgreiches Leben aufzubauen.“ Wenn Kinder straffrei seien, mindestens acht Jahre hier leben und eine positive Prognose für einen Schulabschluss hätten – dann sollen sie bis dahin bleiben dürfen und bis zu ihrer Volljährigkeit auch die Eltern. Für die morgen in Hamburg beginnende Innenministerkonferenz werden dem Plan gute Chancen eingeräumt.

GFBV-Chef Zülch hält dies für „darwinistische Erpressung“: „Man kann doch einem Kind nicht drohen: Entweder bist du jetzt gut in der Schule oder ihr müsst alle zurück ins Kosovo.“ Schünemann wolle Lehrer zu „Mittätern für Deportationen“ machen. Dies sei auch deshalb „pervers“, weil Flüchtlingskinder es in der Schule besonders schwer hätten. Auch die GEW-Bundesvize Marianne Demmer hält Schünemanns Idee für eine „völlig schräge Nummer“: „Ein Bleiberecht an Schulnoten zu knüpfen, geht überhaupt nicht.“ Die Lehrergewerkschaft fordert seit langem ein unbedingtes Bleiberecht bis zum angestrebten Schulabschluss – egal, welche Noten ein Kind bekommt. Daraus folge, dass auch die Eltern so lange bleiben dürften, sagte Demmer. CHRISTIAN JAKOB