No Angels: Die vermutete Schuld

SPD, CDU und Grüne wollen ein Verbot der Hell's Angels prüfen lassen. Doch es fehlt an nötigen Beweisen organisierter Kriminalität. Die Polizei muss sich viel Kritik anhören.

Bremer Hell's Angel auf dem Weg zum Friedhof Bild: dpa

Noch verlangt keiner in der offiziellen Bremer Politik ganz klar ein Verbot der hiesigen Hells Angels. Und doch haben CDU, SPD und Grüne in dieser Sache jetzt zu einer großen Koalition zusammengefunden: Sie fordern den Senat auf, "die Möglichkeit von Vereinsverboten zu prüfen". Darauf dringt nun auch einstimmig der Beirat Mitte, in dessen Bezirk die Hells Angels sowie die mit ihnen befreundeten Red Devils ihren Sitz haben. Jedoch fehlt es bislang an ausreichenden, gerichtsfesten Beweisen für organisierte Kriminalität in den Strukturen der Rocker in Bremen. Das musste am Montag Polizeipräsident Holger Münch auf einer Sondersitzung des Stadtteilparlaments zugestehen. Zugleich räumte er Versäumnisse der Polizei im Umgang mit den einschlägigen Gruppen ein.

CDU-, SPD- und Grünen-Fraktion fordern jetzt einmal mehr eine "Null-Toleranz-Strategie gegen alle Rechtsverstöße aus dem Rockermilieu". Sämtliche Möglichkeiten des Straf-, Ordnungs- und Straßenverkehrsrechts müssten konsequent genutzt werden, heißt es in dem gemeinsamen Antrag. Münchs Ziele sind derzeit noch etwas niedriger gesteckt: Die Polizei will "Informationen sammeln", "mehr Präsenz zeigen", die Kommunikation im Stadtteil "deutlich verbessern". Und "verhindern", dass sich die Ereignisse vom vergangenen August noch mal wiederholen. Damals hatten die Hells Angels bei einem Trauerkonvoi im Beisein der Polizei eigenmächtig die A 27 blockiert. An der kurzfristig genehmigten Ausfahrt nahmen mehrere Hundert Biker teil, darunter solche der rechtsgerichteten Hooligangruppe "Standarte 88" mit der verbotenen Parole "Blut und Ehre" am Helm.

Es dürfe "keine rechtsfreien Räume" geben, so Münch. Genau die kritisieren Teile der AnwohnerInnen: Die Rockerclubs würden bislang "weitestgehend in Ruhe gelassen", so Wolfgang Budde von der Bürgerinitiative Rembertiviertel. Immer wieder könnten sie unbehelligt öffentlichen Raum "okkupieren", sich als "selbst berufene Ordnungsmacht aufführen". Auch von "massiven Beleidigungen" der AnwohnerInnen ist die Rede. Andere berichten von einem "recht kumpelhaften Umgang" einzelner Polizisten mit den Rockern.

Die Polizei rechnet den seit zehn Jahren in Bremen ansässigen Hells Angels zwischen 30 und 40 Mitglieder zu, den Red Devils 20 bis 25. In Bremerhaven gibt es den ebenfalls zu den "Outlaw Motorcycle Gangs" zählenden Gremium MC, dessen Anhängerschaft sie auf rund 20 schätzt. Auch sie stellen "mittlerweile ein Problem" dar, so Münch. Gegen 23 Bremer Hells Angels wurden seit 2005 strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, heißt es in einer Senatsmitteilung vom Sommer. Zehn von ihnen seien bis dato verurteilt worden, unter anderem wegen Körperverletzung, Menschenhandel, Drogen- und Waffendelikten. Ulrike Hiller (SPD) etwa ist sich sicher: "Das ist organisierte Kriminalität." Doch Münch sagt: Die Hells Angels könne man "nicht mal eben so" dichtmachen. 1986 wurde die Hamburger, jüngst die Flensburger Gruppe verboten.

Einer der führenden Bremer Hells Angels, selbst wiederholt verurteilt, sagte am Rande der Beiratssitzung: Beleidigungen von Anwohnern seien "natürlich nicht in Ordnung". Zugleich macht er die Unschuldsvermutung für die Hells Angels geltend, pocht auf Rechtsstaatlichkeit. Ortsamtsleiter Robert Bücking spricht dagegen eher von einer "Schuldvermutung".

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