Winternotprogramm: An Betten mangelt es nicht

Trotz Kälte ziehen viele Obdachlose noch die "Platte" vor. Erst in zwei Wochen gibt es wieder die beliebten Container, in denen man den Winter verbringen kann.

Noch frei, aber unbeliebt: die Obdachlosenunterkunft in der Sportallee. Bild: dpa

In dieser Woche sanken die Temperaturen zum ersten Mal unter null Grad. Besonders die Obdachlosen hat der plötzliche Kälteeinbruch hart getroffen. Wo tagsüber noch eine dicke Jacke reicht, wird nachts für Viele ein Dach über dem Kopf nötig.

Seit 2007 gibt es deshalb das Winternotprogramm, das ab November rund 200 zusätzliche Schlafplätze zur Verfügung stellt. Trotz der niedrigen Temperaturen beginnt das diesjährige Programm nicht früher. "Wir können binnen eines Tages reagieren, wenn die Vermittlungsstellen akute Engpässe melden", sagt Jasmin Eisenhut, Sprecherin der Sozialbehörde. Momentan bestehe allerdings keine Notwendigkeit aufzustocken: Es gebe genug freie Plätze. Genaue Zahlen kann Eisenhut nicht nennen, ist aber sicher: "Es muss keiner auf der Straße schlafen."

Dennoch machen viele Obdachlose derzeit lieber Platte. Die Gründe sind unterschiedlich. "Wenn es um die Ecke eine Winterunterkunft gäbe, würde ich hingehen", sagt eine Punkerin auf der Reeperbahn. Aber sie will lieber "in meinem gewohnten Umfeld bleiben und meinen Hund behalten".

Das Winternotprogramm beginnt jedes Jahr am 1. November und endet - je nach Wetterlage - im März oder April. Es wird mit 400.000 Euro von der Sozialbehörde finanziert und schafft rund 200 zusätzliche Übernachtungsplätze:

100 Plätze in der Sportallee (12 für Frauen, acht für Paare, 80 für Männer)

15 Plätze für Frauen, Männer oder Paare mit Hunden in der Neustädter Straße

86 Plätze in Containern, die in der ganzen Stadt verteilt werden

Die meisten Plätze innerhalb des Winternotprogramms stellt die Wohnunterkunft Sportallee in Groß Borstel zur Verfügung. Die allerdings ist vielen Betroffenen zu weit draußen. Außerdem sei die Stimmung dort laut, unruhig und aggressiv, die Hunde müssten draußen bleiben und es gebe kaum Rückzugsmöglichkeiten. Besonders ältere Obdachlose fühlten sich da nicht wohl, sagt Luisa Salewski vom "Cafée mit Herz", einer Anlaufstelle für Bedürftige. Es mangele nicht an Plätzen an sich. "Fast die Hälfte unserer Gäste hat einen Hund", sagt Salewski. Hunde sind aber nur in den wenigsten Einrichtungen zugelassen.

Vor allem weibliche Obdachlose haben Probleme, eine Unterkunft zu finden, in der sie unter sich sein können. Keine der im Winternotprogramm aufgeführten Sammelunterkünfte richtet sich explizit an Frauen.

Am beliebtesten sind die Plätze in den 86 Containern, die im Winter von Kirchengemeinden und Fachhochschulen aufgestellt werden. Dort gibt es Einzelzimmer und Doppelzimmer für Paare, auch Hunde sind zugelassen. Es gibt spezielle Plätze, die für Frauen reserviert sind. Und die Wohnungslosen können den ganzen Winter hindurch bleiben, müssen die Unterkunft nicht wie in den anderen Einrichtungen tagsüber räumen. Von den 200 bis 300 Gästen, die das "Cafée mit Herz" täglich aufsuchen, haben aber nur 16 einen Platz in einem Container bekommen.

Auf die Frage, ob künftig mehr davon aufgestellt werden, konnte die Sozialbehörde nichts Konkretes sagen: "Wir sind ständig dabei", sagt Eisenhut, "das System weiterzuentwickeln."

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