Kita-Gebühren: Kindergarten umsonst

Eltern starten Volksinitiative: Jedes Kind ab zwei Jahren soll kostenfreien Sechs-Stunden-Platz erhalten. Sozialsenator Wersich nennt Forderung "maßlos".

Aufgebracht: Die Elterninitiative gegen höhere Kita-Gebühren. Bild: dpa

Pünktlich zum gestrigen Beginn der Sparklausur des Senats ließ der Landeselternausschuss (LEA) eine Bombe platzen. Die Eltern starten eine Volksinitiative mit dem Ziel einer weitgehend kostenfreien Kinderbetreuung. Um diesen Schritt abzuwenden, hatte es zuvor Gespräche zwischen LEA und CDU-Sozialsenator Dietrich Wersich gegeben, die aber nicht erfolgreich waren.

Die Eltern fordern, dass der allgemeine Kita-Rechtsanspruch, von dem auch Kinder nicht-berufstätiger Eltern profitieren, bereits für Zweijährige gilt und von fünf auf sechs Stunden täglich verlängert wird. Diese Basisbetreuung soll für alle Eltern kostenlos sein. Eltern, die eine längere Betreuung benötigen, sollen für die Differenz einen Eigenanteil zahlen, allerdings in Höhe der alten Gebühren. Und das zusätzlich erhobene Essensgeld soll ganz entfallen.

Außerdem sollen 25 Prozent mehr Erzieher eingestellt werden, um Zeit für "mittelbare Pädagogik" wie Vor- und Nachbereitung zu schaffen. Unterm Strich rechnet der Landeselternausschuss mit Mehrausgaben von 200 Millionen Euro im Jahr. "Wir wollen, dass der Bürger entscheidet, wofür Geld ausgegeben wird", sagt LEA-Sprecherin Claudia Wackendorff. "Für Wirtschaftspolitik, Umwelthauptstadt oder eben frühkindliche Bildung."

Um bis zu 100 Euro hat der Senat die Kita-Gebühren für besser verdienende Familien erhöht. Das Essensgeld stieg von 13 auf 21 Euro, für Hortkinder sogar auf 42 Euro.

Bei der ersten Kita-Volksinitiative 2004 stimmten 172.000 Hamburger dafür, dass Berufstätige einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben.

Bei einem Volksentscheid müssten mindestens ein Fünftel der wahlberechtigten Hamburger mit Ja stimmen.

Der Landeselternausschuss (LEA) ist die gewählte Elternvertretung von rund 900 Kitas.

Die Volksinitiative will in einer ersten Stufe bis Ende Oktober 10.000 Unterschriften sammeln. Gelingt dies, käme im Februar oder März die zweite Stufe, das Volksbegehren, für das 62.000 Unterschriften nötig sind. Denkbar wäre, dass dann der Senat eine rechtliche Prüfung beim Verfassungsgericht beantragt. GAL-Fraktions-Chef Jens Kerstan sagte gestern bereits, er bezweifle, dass die Abschaffung von Gebühren Gegenstand eines Volksentscheid sein dürfe. Der LEA nennt als Vorbild eine ähnliche Volksinitiative in Berlin. "Es gab rechtliche Bedenken, aber wir haben sämtliche Rechtsfragen durch einen Jura-Professor klären lassen", sagt Wackendorff.

Sozialsenator Wersich reagierte harsch. Die Forderungen seien "völlig maßlos" und angesichts der jetzigen Haushaltslage "rücksichtslos gegenüber allen anderen wichtigen Aufgabenfeldern". Er habe bis zuletzt mit dem Elternausschuss verhandelt, um zu einem "realistischen und maßvollen" Kita-Ausbau zu kommen. Vorstellbar seien mehr Sprachförderung, eine bessere Betreuer-Kind-Relation in sozialen Brennpunkten und eine Essensgeld-Ermäßigung für Geschwister. Auch die GAL-Abgeordnete Christiane Blömeke bedauert, dass es nicht zu einer Einigung kam. Sollte sich der Volksentscheid durchsetzen, sieht sie Hamburgs "Vorreiterrolle bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf" in Gefahr.

Doch dem LEA war das, was Wersich anbot, zu wenig. So sollte es das ermäßigte Essengeld nur im Hortbereich geben. Dabei im Senat sogar schon diskutiert worden, ob der Kita-Bereich nicht ganz von Sparmaßnahmen ausgenommen werden sollte. "Der Senator", sagt Wackendorff, könne die Volksinitiative auch als "Rückenstärkung" verstehen, "die angemessenen Gelder einzufordern".

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