Weniger 1-Euro-Jobs: Streit um Kürzung

Stadt streicht doch 2.000 Ein-Euro-Jobs bis zum Jahresende. Opposition spricht von Kommunikations-Desaster.

Seine Stelle könnte gestrichen werden: Ein-Euro-Jobber. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Befürchtungen der Beschäftigungsträger haben sich bestätigt. Am Mittwoch erfuhren sie von der Team Arbeit Hamburg, dass die Zahl der Ein-Euro-Jobs bis zum Jahresende um 2.000 auf 4.500 Plätze gekürzt wird. Außerdem werde der SPD-Senat die 1,8 Millionen Euro Co-Finanzierung für Ein-Euro-Jobs in Stadtteilprojekten streichen.

Einige SPD-Abgeordnete hatten zuvor behauptet, es handle sich um "Panikmache" der Träger. Und auch Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte am Montag beschwichtigt, es sei "nichts entschieden". Doch das Kürzungskonzept steht offenbar seit Ende März.

Die CDU warf Scheele am Donnerstag in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft ein Kommunikations-Desaster vor. "Wo bleibt die Dialogkultur, die zu schwarz-grünen Zeit mit der Trägerlandschaft geführt wurde", fragte der CDU-Politiker Hjalmar Stemmann.

Noch vor einem Jahr gab es in Hamburg 10.000 Ein-Euro-Jobs. Deren Zahl ist von 9.000 im Januar auf 5.897 im März gesunken.

Im zweiten Halbjahr sollen im Durchschnitt nur noch 4.550 Plätze belegt sein. In 2012 soll es ein neues Konzept geben.

2.700 Ein-Euro-Jobs gab es in Stadtteilprojekten in benachteiligten Quartieren. Hier sollen jetzt 1.000 Jobs wegfallen. Verbleiben sollen 420 Kräfte in Schulküchen.

Verdienst: Im Monat gibt es 180 bis 260 Euro, die auf das Hartz-IV-Geld nicht angerechnet werden.

Der große Streit geht darum, ob diese Absenkung zwingend ist, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung ihre Zuschüsse an Hamburg von 187 auf 134 Millionen Euro kürzte. Schwarz-Grün sei zu "feige" gewesen, dies offenzulegen, warf die SPD-Sozialpolitikerin Ksenija Bekeris ihren Vorgängern vor.

Es gebe nicht mehr Geld als für 6.150 Stellen übers Jahr gerechnet, sagte Sozialsenator Scheele. "Das wusste die GAL." Nach Scheeles Rechnung muss all das, was 2011 im ersten Halbjahr über dieser Grenze lag, im zweiten Halbjahr eingespart werden. So kommt man am Ende auf 4.550 Plätze.

Doch die Team Arbeit, die die Gelder verteilt, spricht auch von veränderten Rahmenbedingungen. Weil die Wirtschaft anzieht, wird der Kuchen anders verteilt, erklärte Sprecher Horst Weise der taz. "Wir bauen sehr viel stärker auf Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt." Noch 27 Prozent der Mittel würden für "arbeitsmarktferne Kunden" verwandt.

Das ist zu wenig, sagen die Beschäftigungsträger. Aus ihrer Sicht, und auch aus Sicht der GAL, gibt es keinen aktuellen Spardruck. So wurden im Frühjahr 2011 sehr viel weniger Ein-Euro-Jobs als geplant vergeben. Laut einer Anfrage der GAL waren Ende März nur 5.897 Plätze besetzt. Lege man einen Anteil von 30 Prozent für schwer Vermittelbare aus, reiche das Geld in 2011 für 6.600 Plätze.

"Wir haben darauf geachtet, dass das soziale Gefüge der Stadt nicht beschädigt wird", sagte die GAL-Politikerin Antje Möller, die vorigen Herbst mit Team Arbeit und Arbeitsagentur verhandelt hatte. Bis zum Sommer sollte es 7.250 Plätze geben, Mitte des Jahres wollte man sehen, welches Geld verlässlich zur Verfügung steht. "Diese Arbeitsgrundlage haben sie zerfetzt", warf Möller Scheele vor. Dies geschehe ohne Not.

Es gehe nicht um das, was dem Stadtteil nütze, sondern was dem Arbeitslosen helfe, wandte der SPD-Abgeordnete Jens-Peter Schwieger ein. Café, Einkaufshilfen für Alte und Schülernachhilfe seien eine feine Sache. Aber man müsse fragen, "ob die Mittel der Arbeitsbeschaffung dafür die richtigen" seien.

"Wir müssen gucken, was nützt der Zielgruppe am meisten", sagte auch Scheele, der dafür beim Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ein Gutachten für eine Neuausrichtung einholen lässt. Im August soll dann auf dessen Grundlage entschieden werden, wie es mit den Ein-Euro-Jobs 2012 weiter geht.

Ginge es nach der FDP, könnte Scheele das Geld für das Gutachten sparen. Studien der IAB wiesen nach, dass Ein-Euro-Jobs kaum einen positiven Effekt hätten.

Auch der Linke-Abgeordnete Jürgen Bischoff sieht dieses Instrument kritisch. Doch nachdem Hamburg jahrelang drauf setzte, könne man es nicht "von heute auf morgen ausknipsen".

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