Umbenennung: Zivilcourage macht Schule

Ab Sonntag heißt die Stadtteilschule in Wellingsbüttel nicht mehr Peter-Petersen-, sondern Irena-Sendler-Schule. Denn Petersen war überzeugter Nationalsozialist.

Endlich ein neuer Name: die Irena-Sendler-Schule. Bild: Ulrike Schmidt

"Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen." Dieses Zitat stammt von Martin Luther. Der Apfelbaum ist ein Symbol für Leben und Erkenntnis. In Hamburg wird am Sonntag ein Apfelbaum vor der Stadtteilschule in Wellingsbüttel gepflanzt. Diese wird ab dann nicht mehr "Peter-Petersen-Schule" heißen, sondern "Irena-Sendler-Schule".

Die Schule hat sich zu diesem Schritt entschlossen, nachdem der Erziehungswissenschaftler Benjamin Ortmeyer Aufsätze von Petersen entdeckt hatte, die eine inakzeptable Nähe zur nationalsozialistischen Ideologie aufzeigen. Aus 48 Vorschlägen wählten die Schüler, Eltern und Lehrer der Schule Irena Sendler als neue Namenspatronin.

Die polnische Sozialpädagogin Irena Sendler war Mitglied der Widerstandsorganisation Zegota und rettete bis 1943 etwa 2.500 jüdische Kinder aus dem Warschauer Ghetto, die sie in ihrem Sanitätskoffer hinausschmuggelte. Die Kinder wurden mit gefälschten Papieren bei polnischen Familien, in Klöstern oder in Waisenhäusern versteckt oder zu den Partisanen gebracht. Um ihre wahre Identität zu bewahren, trug Irena Sendler jedes Kind in Listen ein - mit dem Geburtsnamen und -datum, der Herkunft und dem falschen Namen. Diese Listen steckte sie in Einmachgläser - und vergrub sie unter einem Apfelbaum. Selbst unter übelster Gestapo-Folter verriet sie das Versteck nicht.

Die ehemalige SPD-Schulsenatorin Ute Pape leitet die Stadtteilschule seit 2003 und erfuhr 2009 aus der taz von den neuen Forschungserkenntnissen des Erziehungswissenschaftlers Ortmeyer. Der wies nach, dass Peter Petersen auch nach 1945 NS-Ideologie verbreitete: Noch im Gründungsjahr der BRD beklagte er in einem Buch die "rassische Verunreinigung" des deutschen Volkes. "Dass wir uns von Peter Petersen als Namensgeber distanzieren wollen, war ganz schnell und einhellig entschieden", sagt Pape. Von der Pädagogik Petersens habe sich die Schule ja ohnehin schon Ende der 1960er Jahre weitgehend verabschiedet, sagt Pape.

Ebenfalls durch einen taz-Artikel wurde die Mutter eines Schulkindes auf die Widerstandskämpferin Irena Sendler aufmerksam und schlug sie als Namenspatronin vor. "Irena Sendler ist das beste Beispiel für Zivilcourage", sagt der Elternratsvorsitzende Norbert Bauer.

Beim Festakt am Sonntag werden SchülerInnen das Theaterstück "Leben im Glas" aufführen. Zudem wird Besuch aus Polen erwartet: Irena Sendlers Tochter Janina Zgrzembska, der von Sendler einst gerettete Piotr Zettinger und Anna Mieszkowska, die Autorin der Irena-Sendler-Biografie "Die Mutter der Holocaust-Kinder" werden zugegen sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.