Haitis Präsident: Wir kommen voran, aber kriegen kein Geld

ERDBEBEN René Preval fordert bessere Koordination. UNO warnt: Hungerhilfe für den Rest des Jahres

„Die haitianische Regierung hat nicht einen Cent von dem Geld gesehen“

PORT-AU-PRINCE rtr/epd/taz | Zwei Wochen nach dem schweren Erdbeben in Haiti hat die Regierung Kritik an den internationalen Hilfsbemühungen geübt. „Die haitianische Regierung hat nicht einen Cent von dem Geld gesehen, das für Haiti gesammelt worden ist“, sagte Präsident René Préval auf einer Pressekonferenz in der zerstörten Hauptstadt Port-au-Prince. Er gehe davon aus, dass das Geld ausschließlich an Hilfsorganisationen gegangen sei.

Wichtig sei, die Hilfe besser zu koordinieren und zu sehen, dass das Land bereits Fortschritte gemacht habe, so Préval. „Am 13. Januar wachten wir ohne Telefone auf, mit tausenden von Leichen auf den Straßen. Heute funktionieren die Telefone, es liegen keine Leichen mehr auf den Straßen. Wir haben über 150.000 eingesammelt, aber es liegen noch mehr unter den Trümmern. Tankstellen funktionieren, die Geschäfte haben wieder offen. Es sind viele Fortschritte gemacht worden.“ Die Politiker, die Haiti helfen wollten, hätten die Wahl, „mit den Opfern zu weinen oder zu arbeiten und den richtigen Weg zur Hilfe für die Bevölkerung zu finden. Ich entscheide mich für die zweite Option.“

Préval verschob außerdem die eigentlich am 28. Februar fällige Parlamentswahl auf unbestimmte Zeit. Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton verwies auf die Notwendigkeit verstärkter Hilfe für Haiti. „Im Moment brauchen wir Geld dringender als irgendwas anderes“, sagte der UN-Sonderbeauftragte für Haiti gestern beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Er forderte den Privatsektor auf, sich am Wiederaufbau zu beteiligen.

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) erklärte, die Lage in Haiti sei die „komplexeste Herausforderung seiner Geschichte. Rund zwei Millionen Menschen in Haiti würden für den Rest dieses Jahres auf Nahrungshilfe angewiesen sein. Dafür sowie für die Unterstützung anderer Hilfswerke würden 800 Millionen US-Dollar benötigt.

Unterdessen zogen Rettungskräfte erneut eine Jugendliche lebend aus den Trümmern. Das Mädchen sei am Bein verletzt und nach 15 Tage unter den Ruinen ihres Hauses dehydriert. Offenbar war sie zwischen einer Wand und einer Tür eingeschlossen. Seit dem Beben am 12. Januar sind über 130 Verschüttete lebend geborgen worden. Die Regierung hat die Bergungsarbeiten offiziell für eingestellt erklärt, aber viele Bewohner und Rettungsteams suchen weiter nach Überlebenden.

Dem Malteser Hilfsdienst zufolge droht in den kommenden Tagen in Port-au-Prince der Beginn der Regenzeit und damit eine Verschlechterung der Lage, weil eine Million Haitianer obdachlos sind und im Freien leben. Es brauche vor allem Anstrengungen im Bereich der Hygiene und Müllentsorgung.