Human Rights Watch prangert an: Kabilas Staatsterror im Kongo

Human Rights Watch wirft der Regierung im Kongo politische Morde und Terror gegen Oppositionelle vor. Und der Weltgemeinschaft das Tolerieren dieser Vorgänge.

Mehrfach vom Militär in die Zange genommen: Kongos Oppositionsführer Bemba. Bild: reuters

Erstmals hat eine internationale Menschenrechtsorganisation den vollen Umfang an Staatsterror dokumentiert, den die Regierung der Demokratischen Republik Kongo unter Präsident Joseph Kabila seit ihrer Wahl 2006 verübt. Der Bericht "We Will Crush You" (Wir werden euch zerquetschen), den Human Rights Watch gestern in Kongos Hauptstadt Kinshasa vorstellte, beschreibt, wie Sicherheitskräfte und Geheimdienste Regimegegner verfolgen, verschwinden lassen und töten. Mindestens 500 Menschen seien dieser "brutalen Repression" zum Opfer gefallen, "die während der Wahlen von 2006 begann und bis heute andauert".

Bei mehrfachen Militäraktionen gegen Oppositionsführer Jean-Pierre Bemba, der bei der Stichwahl um das Präsidentenamt im Oktober 2006 gegen Kabila mit 42 zu 58 Prozent verlor, sowie Bembas Partei "Kongolesische Befreiungsbewegung" (MLC) in Kinshasa kamen dem Bericht zufolge mehrere hundert Menschen ums Leben, darunter friedliche MLC-Anhänger oder Menschen aus Bembas Heimat Equateur. In der an Kinshasa angrenzenden Provinz Bas-Congo gab es über 300 Tote bei Militäroperationen im Februar 2007 und März 2008 gegen die lokale Aufstandsbewegung "Bundu dia Kongo" (BDK), die mehr Autonomie für die Provinz forderte.

Neu an dem Bericht sind vor allem die detaillierten Recherchen über Befehls- und Führungsstrukturen in den Sicherheitsapparaten. Kabilas Präsidialgarde habe zwischen August 2006 und Mai 2008 mindestens 125 Menschen hingerichtet oder verschwinden lassen. Kabila und seine Berater gaben Befehle, die "Feinde der Demokratie", "Terroristen" und "Wilden" zu "zerquetschen" oder zu "neutralisieren". Im Militärapparat gebe es parallele Kommandostrukturen. "Wir wissen, dass Kabila vielen seiner Generäle oder treuen Offiziere direkte Befehle erteilt", zitiert der Bericht einen Militärberater. "Es gibt eine offizielle Hierarchie, aber sie ist bedeutungslos. Die wahre Macht liegt bei jenen, die als dem Präsidenten ergeben gelten." In teils geheimen Haftanstalten werde elektrische und sexuelle Folter praktiziert.

"Die Antwort der Regierung auf Kritik an ihren Handlungen besteht aus Verneinung und Vertuschung", so der Bericht. "Leichen wurden in den Kongo-Fluss geworfen, heimlich in Massengräbern beigesetzt oder anders entsorgt. In Städten, wo es zu Gewalt gekommen war, befahlen die Behörden Soldaten oder Polizisten, Leichenhallen und Grabstätten zu bewachen und verwehrten UN-Offiziellen, Menschenrechtsbeobachtern und Angehörigen der Toten oder Vermissten den Zutritt."

Scharfe Kritik übt der Bericht an der Zurückhaltung der internationalen Partner des Kongo. Diese hätten die Wahlen 2006 massiv unterstützt - "aber nach dem Ende der Wahlen haben sie es versäumt, gleichermaßen Ressourcen und Aufmerksamkeit zu investieren, um sicherzustellen, dass die neue Regierung ihre internationalen Menschenrechtsverpflichtungen einhält."

Rund 100 Journalisten drängten sich gestern in Kinshasa auf der Pressekonferenz, erzählt die Autorin des Berichts, Anneke van Woudenberg. Reaktionen der Behörden habe es noch nicht gegeben. Mögliche Kritik, wonach man der gewählten Regierung in den Rücken falle, während sie im Ostkongo unter Druck durch die Rebellen von Laurent Nkunda geraten sei, weist van Woudenberg zurück. "Wir haben Übergriffe im Ostkongo dokumentiert. Aber wir können nicht ignorieren, was im Westen des Landes passiert. Man muss beide Seiten dieses Problems angehen." Die Geberländer müssten nun den Aufbau einer unabhängigen Justiz, eines funktionierenden Parlaments und demokratischer Institutionen im Kongo fördern.

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