UNO berät über neue Blauhelme: Kongos Armee in Auflösung

Präsident Kabila setzt Generalstabschef ab, während Regierungstruppen im Ostkongo weiter vor Nkundas Rebellen fliehen. Die verkünden nach weiteren Vorstößen einen einseitigen Rückzug.

Die UNO berät über 3.085 neue Blauhelme im Kongo. Bild: dpa

BERLIN taz Angesichts der Vormärsche der Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur Verteidigung des Volkes) unter Laurent Nkunda in der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu verschärft sich das Chaos in der Regierungsarmee. Lokale Hutu-Milizen, eigentlich mit der Regierung gegen Nkunda verbündet, bekämpften gestern früh fliehende Regierungstruppen nördlich der strategisch wichtigen Stadt Kanyabayonga, damit diese sich nicht immer weiter zurückziehen. Um Kanyabayonga, dessen Kontrolle den Rebellen den Weg über ein steiles Bergmassiv in die Nordhälfte der Provinz Nord-Kivu ebnen würde, tobten schwere Gefechte, allerdings ohne Rebellenbeteiligung.

Die Stadt Kirumba wurde von Soldaten komplett geplündert; sämtliche Bewohner flohen in den Busch. Am Dienstagmittag verkündeten die CNDP-Rebellen einen einseitigen Rückzug von der Front vor Kanyabayonga um 40 Kilometer nach Süden und riefen die UN-Mission im Kongo (Monuc) auf, das geräumte Gebiet zu übernehmen. Sollte eine andere Kriegspartei nachrücken, werde man den Rückzug sofort wieder rückgängig machen, hieß es. Zuvor hatte es UN-Kritik an den Vorstößen der Rebellen gegeben, die erfolgt waren, obwohl Rebellenführer Nkunda am Sonntag gegenüber dem UN-Vrmittler Olusegun Obasanjo eine Feuerpause zugesagt hatte.

Am Montag hatten die Regierungstruppen ihre letzte Basis unterhalb des Bergmassivs aufgegeben: Die Kleinstadt Rwindi fiel nach heftigen Gefechten an die Rebellen. Ein hoher Militär der Regierung wurde mit der Aussage zitiert, die eigenen Leute hätten lediglich Kleinwaffen und würden nicht bezahlt oder ernährt, während Nkundas Kämpfer mit schweren Waffen ausgerüstet seien.

Letzte Woche hatte Kongos Premierminister Adolphe Muzito Untersuchungen über Korruption innerhalb des Militärs angekündigt. Dies folgte auf Berichte, wonach die für Soldaten bestimmten Nahrungsmittelrationen regelmäßig in Lebensmittelläden auftauchen und nur ein Bruchteil der für Sold bestimmten Gelder am Auszahlungsort ankommen. Kongos Präsident Joseph Kabila setzte angesichts dieser Zustände am Montag den bisherigen Generalstabschef Dieudonné Kayembe ab und ersetzte ihn durch den bisherigen Chef der Marine und des Militärgeheimdienstes, Didier Etumba.

Unterdessen brachte Frankreich im UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf ein, der eine bis Jahresende befristete Aufstockung der bereits knapp 17.000 Mann starken UN-Truppe im Ostkongo um 2.785 Soldaten und 300 Polizisten verlangt. Die Hoffnung der Franzosen ist, dass die UN-Soldaten sich den Nkunda-Rebellen entgegenstellen. In einem Interview mit dem britischen Daily Telegraph wies der indische UN-Kommandeur in Nord-Kivus Provinzhauptstadt Goma allerdings darauf hin, dass das geltende UN-Mandat keine Kampfeinsätze ermöglicht, bei denen Zivilisten zu Schaden kommen können. Außerdem sei es unrealistisch, mit weißen UN-Fahrzeugen in den Busch zu ziehen, da man so UN-Soldaten immer kilometerweit erkennen könne.

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