Clinton in Lateinamerika: Im Regen stehengelassen

Auf ihrer Reise durch den Kontinent geling es Hillary Clinton nicht, ihre Gesprächspartner von der US-Politik gegenüber Iran und Venezuela zu überzeugen.

Hillary Clinton, mit Regenschirm, betritt in Brasilia ein Flugzeug. Bild: ap

Natürlich wusste Hillary Clinton genau, dass ihr in Brasília die schwierigste Station ihrer fünftägigen Lateinamerikareise bevorstand. Als aufstrebender Global Player vertritt Brasilien selbstbewusst - und immer öfter - Positionen, die sich von denen der USA oder der Europäischen Union unterscheiden.

So mit Blick auf den Nahen Osten: "Es ist nicht klug, den Iran in die Ecke zu drängen, man muss verhandeln", erklärte Präsident Lula da Silva bereits vor seinem Treffen mit der US-Außenministerin. Der Iran habe selbstverständlich das Recht, wie Brasilien Atomkraft zu friedlichen Zwecken zu nutzen, so Lula: "Aber wenn der Iran darüber hinausgeht, können wir nicht einverstanden sein."

In einer Pressekonferenz machte Clinton ihre Zweifel am "guten Willen" des Iran zu Verhandlungen klar. Auf die Avancen von Barack Obama sei Teheran nicht eingegangen, sagte sie. Stattdessen erzählten die Iraner in Brasilien, der Türkei oder China "unterschiedliche Geschichten, um die Sanktionen zu verhindern". Als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats kann Brasilien derzeit über Maßnahmen gegen Iran mitentscheiden.

"Wir denken mit unserem eigenen Kopf", erwiderte ihr brasilianischer Kollege Celso Amorim und sah sich an den Druck auf den Irak vor der Invasion 2003 erinnert: Die "Hauptanschuldigung", also der angebliche Bau der irakischen Massenvernichtungswaffen, sei nie bewiesen worden, so Amorim, Sanktionen seien kontraproduktiv.

Auch der Dissens im Verhältnis zu Venezuela wurde offenkundig. Clinton zeigte sich "zutiefst besorgt" über das Verhalten der Regierung Chávez "gegenüber gewissen Nachbarländern und ihrer eigenen Bevölkerung". Noch habe sie ihre Hoffnung nicht aufgegeben, die Führung in Caracas möge einen "Neuanfang" mit Wiederherstellung "voller Demokratie", Pressefreiheit, Privateigentum und einer freien Marktwirtschaft wagen.

Venezuela möge den Blick in den Süden richten und sich an den "Erfolgsmodellen" Brasilien und Chile orientieren, riet die US-Außenministerin. Brasílias Chefdiplomat konterte kühl, er sei nicht mit allen Einschätzungen Clintons einverstanden, sehr wohl jedoch, dass das Ölland mehr gen Süden blicken solle: "Gerade deswegen haben wir ja Venezuela in den Mercosur eingeladen."

Im Rahmen der Welthandelsorganisation, die Brasilien vor Kurzem das Recht zugestand, Strafzölle auf US-Produkte zu erheben, gab und gibt es ebenso Reibereien wie im Falle Honduras. Wohl oder übel dürfte sich die Regierung Lula den geschaffenen Fakten in dem mittelamerikanischen Land fügen und bald den neuen Präsidenten Porfírio Lobo anerkennen.

In dem Gespräch zwischen Lula und Clinton drängte der brasilianische Staatschef auf Fortschritte bei den Klimaverhandlungen. Nicht China sieht er dabei als Hauptbremser, sondern den Westen. An seiner aktiven Nahostdiplomatie hält er fest, demnächst reist er in die Region, auch nach Teheran.

Zuvor hatte Clinton bereits in Montevideo und Buenos Aires das wachsende Selbstvertrauen der Südamerikaner zu spüren bekommen. Uruguays neuem Präsidenten José Mujica liegt die Annäherung mit den lateinamerikanischen Nachbarn am Herzen, auch mit Venezuela - viel mehr als seinem Vorgänger Tabaré Vázquez, der am liebsten ein Freihandelsabkommen mit den USA ausgehandelt hätte.

In Argentinien erinnerte Cristina Fernández de Kirchner vor Kurzem an die regionale "Enttäuschung" über Obamas Haltung zu den Putschisten in Honduras, Clinton hob jetzt die "freie und gerechte Wahl" Lobos im November hervor.

In São Paulo sagte Clinton noch, in dem neuen kontinentalen Staatenbund ohne die USA und Kanada, den die Lateinamerikaner letzte Woche beschlossen hatten, sehe sie "Kooperationsversuch, keine Bedrohung". Dann reiste sie weiter in Richtung Costa Rica und Guatemala.

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