Weitere Debatte zu Iran-Dossier: Was wusste Bush?

Der US-Geheimdienstbericht über Irans Atomwaffen löst Debatte über Bushs Glaubwürdigkeit aus. NATO und EU wollen Drohkulisse gegenüber Iran weiter aufrecht erhalten.

Die nach Brüssel gereiste US-Außenministerin Condoleezza Rice kann wieder lachen: Die Europäer unterstützen weiterhin die amerikanische Iranpolitik. Bild: dpa

WASHINGTON US-Außenministerin Condoleezza Rice kann aufatmen. Die große Befürchtung der Administration von US-Präsident George W. Bush war zu Wochenbeginn gewesen, dass nach dem Geheimdienstebericht über Irans Atomprogramm nun die westliche Drohkulisse gegenüber Teheran zusammenbrechen könnte. In einer am Montag veröffentlichten Einschätzung hatten die US-Geheimdienste festgestellt, dass der Iran sein Programm zum Bau von Atomwaffen bereits Ende 2003 unterbrochen habe. Die iranische Regierung sei offenbar wegen des starken internationalen Drucks inzwischen "weniger entschlossen", ein Nukleararsenal aufzubauen, hieß es in dem Bericht.

Am Donnerstag nun versicherten NATO und EU der nach Brüssel gereisten US-Ministerin Rice ihre unveränderte Unterstützung. Alle seien sich einig, dass die derzeitige Haltung nicht verändert werden dürfe, sagte der belgische Außenminister Karel De Gucht nach einem Treffen der NATO- und EU-Außenminister. Rice hatte vor ihrer Ankunft in Brüssel angekündigt, die europäischen Verbündeten von einer "Kursänderung in der Iranpolitik abhalten" zu wollen. Die USA streben zusammen mit Großbritannien und Frankreich eine dritte UN-Resolution an, mit der die Sanktionen gegen den Iran noch einmal ausgeweitet werden sollen.

Unterdessen ging in Washington die erhitzte Debatte darüber weiter, wann Präsident Bush über die Erkenntnisse der 16 US-Geheimdienste informiert worden war. Die Nachrichtendienste wollen die Informationen über die internen Vorgänge im Iran im letzten Sommer erhalten haben. Laut Medienangaben beruhen die Erkenntnisse zum Teil auf Aufzeichnungen über interne Besprechungen des iranischen Militärs. Demnach waren die Militärs in Teheran über die Entscheidung ihrer Regierung aufgebracht, das Waffenprogramm und die Entwicklung von nuklearen Gefechtsköpfen zu beenden. Warum das Atomwaffenprogramm gestoppt wurde, sei nicht klar.

Das Weiße Haus bemühte sich noch am Donnerstag die säbelrasselnde Rhetorik Bushs, die der Präsident noch vor wenigen Wochen gegenüber dem Iran verwandt hatte, im Rückblick zu rechtfertigen. Nach offizieller Darstellung soll Bush bereits im Spätsommer von den neuen Geheimdienst-Erkenntnissen über den Stopp des iranischen Atomprogramms erfahren haben. Geheimdienstchef Mike McConnell habe Bush im August davon unterrichtet, dass Teheran sein Atomwaffenprogramm ausgesetzt habe, sagte Präsidentensprecherin Dana Perino. McConell habe dabei in Aussicht gestellt, dass die Dienste möglicherweise ihre Einschätzung des Iran revidieren würden. Am Dienstag hatte Bush auf Vorwürfe der Kriegstreiberei reagiert und erklärt, McConnell habe ihn nicht im Detail über die neuen Erkenntnisse aufgeklärt.

Kritik hatte eine Äußerung Bushs vom Ende August erregt. Damals hatte Bush vor einem "nuklearen Holocaust" gewarnt, der vom Iran ausehen könne, wenn dieser die Arombombe habe. Am 17.Oktober schließlich warnte Bush erneut vor einem atomar bewaffneten Iran, von dem die Gefahr eines dritten Weltkriegs ausgehe. Demokraten werfen Bush nun vor, die Gefahren wider besseren Wissens übertrieben zu haben. Verglichen wird Bushs Rhetorik dabei mit seiner Behauptung vor dem Irak-Krieg im Jahr 2002, der Golfstaat besitzte Massenvernichtungswaffen. Waffen wurden nie gefunden. Bush hatte am Dienstag behauptet, erst Ende November von den neuen Geheimdiensterkenntnissen erfahren zu haben. Gefragt, wie es zu der unterschiedlichen Darstellung Bushs und seiner Sprecherin komme, antwortete Perino am Donnerstag, dass "der Präsident genauer in seiner Wortwahl hätte sein müssen. Aber er hat die Wahrheit gesagt."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.