Menschenrechte: EU milde gegenüber Usbekistan

Die Außenminister wollen Sanktionen gegen den zentralasiatischen Staat lockern. Doch die Menschenrechtslage ist unverändert schlecht.

Armee in Ostusbekistan nach Niederschlagung des Aufstandes von 2005 Bild: dpa

ALMATY taz Europa hat die usbekische Führung wieder lieb. An diesem Montag mildert die Europäische Union auf dem Außenministertreffen in Luxemburg die Strafmaßnahmen gegen den zentralasiatischen Staat ab, die sie nach dem Massaker von Andischan im Oktober 2005 verhängte. Die Sanktionen sollten bereits unter der deutschen Ratspräsidentschaft im Mai 2007 fallen. Berlin setzte sich nicht durch.

Die Lage der Menschenrechte in dem zentralasiatischen Staat ist dabei unverändert schlecht. "Seit dem Frühjahr 2007 hat sich die allgemeine Menschenrechtssituation in Usbekistan nicht wesentlich verändert", erklärte die Bundesregierung auf Anfrage des grünen Bundestagabgeordneten Volker Beck am 1. Oktober.

Nach der vorliegenden Beschlussvorlage soll am Montag das Einreiseverbot gegen acht usbekische Regierungsmitglieder aufgehoben werden, während das Waffenembargo in Kraft bleibt. Im Gegenzug erwartet Europa von der usbekischen Führung die Befreiung inhaftierte Menschenrechtler, zudem sollen Menschenrechtsorganisationen in Usbekistan arbeiten dürfen und dem internationalen Roten Kreuz der Zugang zu den usbekischen Gefängnissen möglich sein. Auf die Aufklärung der Andischaner Bluttat scheint die EU keinen Wert mehr zu legen. Ursprünglich war die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission zu den Ereignissen in Andischan eine der Hauptforderungen der EU.

Am 13. Mai 2005 hatten usbekische Sicherheitskräfte mit Panzerwagen einen Volksaufstand in der Provinzstadt blutig niedergeschlagen. Die Führung rechtfertigt bis heute das Massaker als Abwehrkampf gegen den Terrorismus und überzog das Land mit einer Repressionswelle. Menschenrechtler und Journalisten wurden verhaftet, Dutzende mussten flüchten, Tausende werden als angebliche Islamisten gefoltert und verurteilt. Saiddschahon Sainabitdinow, der nach dem Massaker von Andischan blutverschmierte Kinderkleidung und großkalibrige Patronenhülsen gesammelt und diese internationalen Journalisten gezeigt hatte, befindet sich seit über zwei Jahren in Haft. Die wenigen im Land verbliebenen unabhängigen Journalisten leben unter ständiger Bedrohung. Am 11. Oktober wurde der Journalist Sid Janischew von usbekischen Geheimdienstmitarbeitern rüde zusammengeschlagen.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch fordern die Beibehaltung der Sanktionen. Der usbekische Präsident Islam Karimow hatte dem deutschen Außenminister Frank Walter Steinmeier in Taschkent bereits vor einem Jahr die ungehinderte Arbeit von HRW in Usbekistan und das Besuchsrecht des Internationalen Roten Kreuzes in Gefängnissen versprochen. Nichts geschah.

Die Abschaffung der Todesstrafe in Usbekistan, die Einführung des Habeas Corpus in das Strafrecht und die Freilassung zweier Menschenrechtlerinnen in Usbekistan werden nun von der Bundesregierung als positive Veränderung bewertet. Die usbekische Gesellschaft ist jedoch derart gleichgeschaltet, dass es keinen Unterschied macht, welche Behörde den Haftbefehl ausstellt.

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