Pakistan vor den Wahlen: Wahltermin wird Opfer des Bhutto-Mordes

In Pakistan werden die für den 8. Januar geplanten Parlamentswahlen verschoben. Die Opposition will das verhindern, doch ein neuer Termin soll am Mittwoch bekannt gegeben werden

Will am alten Wahltermin festhalten: Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari Bild: rtr

DELHI taz Nach dem Mord an der pakistanischen Oppositionsführerin Benazir Bhutto und tagelangen Ausschreitungen wird die Parlamentswahl in Pakistan verschoben. Unter den gegenwärtigen Umständen sei die ursprünglich auf den 8. Januar angesetzte Wahl "unmöglich", sagte der Sekretär der staatlichen Wahlkommission, Kanwar Dilshad, gestern in Islamabad. Ein neuer Termin werde am Mittwoch genannt. Vorher werde die Kommission ihre Entscheidung den politischen Parteien erläutern.

Als Grund gab er an, Randalierer hätten bei den Ausschreitungen mit bislang etwa 50 Todesopfern zahlreiche Wahlbüros verwüstet und Unterlagen vernichtet. Allein in der Provinz Sindh, Hochburg von Bhuttos Pakistanischer Volkspartei (PPP), seien in 13 der 23 Distrikte Büros der Kommission niedergebrannt worden. Das staatliche Fernsehen berichtete, Präsident Pervez Musharraf werde am Mittwoch eine TV-Ansprache halten.

Bereits zuvor hatte die PPP darauf gedrängt, die Wahl wie geplant durchzuführen. "Das pakistanische Volk soll über seine Zukunft entscheiden, und der Zeitpunkt dafür ist jetzt", sagte Bhuttos Witwer Asif Ali Zardari, der neue PPP-Kovorsitzende, in einer gemeinsamen Erklärung mit Nawaz Sharif, dem Chef der Pakistanischen Muslimliga (PML-N). Sharif, der die Wahl bis vorgestern noch boykottieren wollte, droht jetzt mit Massenprotesten, sollten sie nicht wie geplant am nächsten Dienstag stattfinden. Von der Verschiebung profitiert vor allem die PML-Q, die Partei der Musharraf-Unterstützer. Denn in der gegenwärtigen Stimmung hätte die Opposition nächste Woche klar gewinnen können.

Bhuttos PPP nährte inzwischen Vermutungen, Pakistans Militärgeheimdienst ISI sei in den Anschlag verstrickt. Bhutto habe noch am Tag ihres Todes Beweise veröffentlichen wollen, die belegen sollten, dass der ISI und die Wahlkommission die Wahlen fälschen wollten. Der Anschlag in Rawalpindi habe diese Enthüllung verhindert, sagte PPP-Senator Latif Khosa gestern. Noch am selben Tag habe Bhutto einen 160-seitigen Bericht mit Beweisen an den US-Senator Arlen Specter und den Abgeordneten Patrick Kennedy übergeben wollen, die gerade in Pakistan gewesen seien.

Bhuttos Sohn Bilawal verließ am Dienstag Pakistan in Richtung Dubai. Die PPP hatte den 19-Jährigen am Sonntag zu ihrem neuen Vorsitzenden ernannt. Er werde zunächst sein Jurastudium in Oxford abschließen, ehe er in die Politik einsteige. Bis dahin soll sein Vater die PPP durch den Wahlkampf führen. Wen die Partei als Bewerber für den Posten des Premiers aufstellt, blieb weiter unklar. Zardari ist in Pakistan nicht beliebt. Er hat sich in den beiden Amtszeiten seiner Frau an Staatsaufträgen bereichert, was ihm den Spitznamen "Mister Ten Percent" einbrachte.

Die Regierung versuchte unterdessen, den Imageschaden zu begrenzen, den sie sich mit der offiziellen Darstellung des Attentats zugezogen hatte. Übergangsinnenminister Hamid Nawaz Khan bat laut einem Bericht der Zeitung The News am Montag Journalisten in Islamabad darum, die bisherige Darstellung der Regierung zu "vergessen" und zu "ignorieren".

Sein Sprecher, Javad Iqbal Cheema, hatte am Tag nach den tödlichen Schüssen für Verwirrung und Empörung gesorgt, indem er behauptet hatte, Bhutto habe sich einen tödlichen Schädelbruch zugezogen, als sie nach der Bombenexplosion gegen einen Hebel des geöffneten Schiebedachs geprallt sei. Khan entschuldigte sich für diese Darstellung. Vertreter von Bhuttos Partei hatten diese Version als "gefährliche Irreführung" zurückgewiesen und darin einen Versuch der Regierung gesehen, etwas zu vertuschen oder Verantwortung von sich zu weisen.

Die USA halten indes weiterhin an ihrer militärischen Unterstützung für Islamabad fest. Das US-Verteidigungsministerium erteilte dem Rüstungskonzern Lockheed Martin den Auftrag, 18 Kampfflugzeuge vom Typ F-16 an Pakistan zu liefern, erklärte das Ministerium am Montag. Insgesamt wollen die USA bis zu 36 Kampfflugzeuge dieses Typs liefern. Demokratische Kongressabgeordnete hatten bis zuletzt versucht, einige Rüstungslieferungen an den in den USA immer umstritteneren Alliierten zu stoppen. Nach Berichten soll Pakistan einen beträchtlichen Teil der US-Militärhilfe nicht wie vereinbart für den Kampf gegen Pro-Taliban-Milizen eingesetzt haben, sondern damit das Waffenarsenal aufgestockt haben, das es auf seinen Erzrivalen Indien richtet. Die USA haben seit 2001 Pakistan mit rund 10 Milliarden Dollar unterstützt, davon gingen rund 90 Prozent für das dortige Militär.

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