Ypsilanti gibt Landesvorsitz ab: Abschied unter Tränen

Die Hessen-SPD hat Thorsten Schäfer-Gümbel zum neuen Vorsitzenden gewählt. Seine Vorgängerin Ypsilanti rechnete ab - mit den Abweichlern und den Medien.

Bild: dpa

Sechs Wochen nach ihrer verheerenden Wahlniederlage bei der Landtagswahl hat sich die hessische SPD personell neu aufgestellt. Der einzige Bewerber um den Posten des Landesvorsitzenden, der 39 Jahre alte Thorsten Schäfer-Gümbel, wurde am Samstag auf dem Landesparteitag in Darmstadt mit 90 Prozent der Delegiertenstimmen gewählt. Ein gutes Ergebnis für den Newcomer und Fraktionschef im Landtag, der seine Parteitagsrede unter das Motto "Selbstkritik und Aufbruch" gestellt hatte.

Nach dem Scheitern der Regierungsübernahme und dem Absturz bei der Landtagswahl auf 23,7 Prozent seien zahlreiche Wunden noch frisch, sagte Schäfer-Gümbel und merkte selbstkritisch an, die hessische SPD habe 2008 "vor lauter Leidenschaft vielleicht das Augenmaß verloren". Auf dem Weg hin zu einer Minderheitsregierung mit den Grünen - toleriert von der Linkspartei - seien "Fehler gemacht" worden. Welche, das sagte der neue Landeschef nicht.

Mit Selbstkritik wollte die große Mehrheit der Parteitagsdelegierten ohnehin nicht lange belästigt werden. Es war der Tag der Abrechnung mit den drei Abweichlern, die einen Tag vor der anvisierten Wahl von Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin die eigene Partei- und Fraktionsvorsitzende "hinterhältig abgemurkst" hätten, wie etwa der Delegierte Rolf Gnadel aus der Wetterau wetterte.

Zuvor schon hatte Ypsilanti in ihrer Abschiedsrede als Landesvorsitzende das "mediale Kesseltreiben", dessen eigentliches Ziel es gewesen sei, "meine Idee der sozialen Moderne zu denunzieren", für ihr Scheitern mit verantwortlich gemacht. Nur darum sei es den "Zynikern" in den Redaktionen gegangen, und nicht um den angeblichen Wortbruch "Nie mit der Linken". Als Ypsilanti dann noch die in der Partei längst kursierende Erzählung aufgriff, wonach es der schlimmere "Wortbruch" gewesen sei, wenn sie nicht versucht hätte, ihre inhaltlichen Wahlversprechen als Regierungschefin auch umzusetzen, stand die große Mehrheit der Delegierten spontan auf und klatschte sich die Hände rot. Zuvor hatte Ypsilanti allerdings selbst erklärt, dass die SPD im Parlament mit der Abschaffung der Studiengebühren und der Wende in der Bildungspolitik mithilfe von SPD und Grünen große Erfolge errungen habe, ganz ohne an der Regierung zu sein. "So hätten wir weitermachen sollen, dann hätten wir eventuelle Neuwahlen auch gewonnen", sagte ein innerparteilicher Opponent der taz.

Als Ypsilanti am Schluss ihrer Einlassungen - "Ich bleibe eine von Euch!" - dann in Tränen ausbrach, wurde sie von ihren Genossen mit dem wohl längsten Beifall in der Parteitagsgeschichte der hessischen SPD und mit roten Gerbera getröstet.

Schäfer-Gümbel setzte sich mit seinen Personalvorschlägen durch. Zum neuen Generalsekretär wählte der Parteitag den Bundestagsabgeordneten Michael Roth. Als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl nominierten die Delegierten erneut Entwicklungshilfeministerin Heidi Wieczorek-Zeul. Auf Platz 2 und 3 der Listen stehen Generalsekretär Roth und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. Schäfer-Gümbel rief die Landespartei auf, sich künftig weniger mit sich selbst und mehr auf die gemeinsamen Ziele der SPD zu konzentrieren: "Wenn man Menschen überzeugen will, muss man wissen, wovon."

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