Wahlkampfstreit über Jugendkriminalität: Beck wirft CDU "Rechtspopulismus" vor

In der Debatte über ein härteres Jugendstrafrecht verschärft sich der Ton. Die SPD lehnt die CDU-Beschlüsse als Rechtsaußen-Klamauk ab - und hält schnellere Strafverfahren für ausreichend.

"Das hat mit der Mitte nichts mehr zu tun": SPD-Chef Kurt Beck Bild: dpa

HANNOVER ap/dpa SPD-Chef Kurt Beck hat der CDU Rechtspopulismus vorgeworfen. Er hielt dem Koalitionspartner am Montag am Rande der Klausur in Hannover vor, sich mit den Beschlüssen für ein härteres Jugendstrafrecht von der Mitte der Gesellschaft abzukehren. "Das, was gerade geschieht, ist Rechtspopulismus und hat mit der Mitte nichts mehr zu tun", sagte Beck. Dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch warf er Klamauk und Wahlkampfmanöver vor. Wenn jemand drei Wochen vor der Wahl das Thema Sicherheit entdecke, glaube man nicht, "dass es ihm eine Herzensangelegenheit ist", sagte der SPD-Chef.

Am Vorabend hatte bereits Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) den hessischen Ministerpräsidenten scharf attackiert. "Den Sozialdemokraten muss keiner sagen, dass es ein Bürgerrecht auf Sicherheit gibt", sagte Schröder bei einem Empfang im Hannoveraner Rathaus. Seine Regierung mit dem damaligen Innenminister Otto Schily (SPD) habe dafür gesorgt, dass alles getan werde, um die Bürger zu schützen. Koch habe 1000 Polizeistellen gestrichen, wegen überfüllter Einrichtungen sei Jugendarrest erst nach drei Monaten möglich, sagte Schröder. "Dieser merkwürdige Mensch da sollte wirklich vor der eigenen Türe kehren", fügte er an die Adresse des hessischen Ministerpräsidenten hinzu.

Die SPD verlangte indes zügigere Strafverfahren, lehnte die von der Union geforderten zusätzlichen Rechtsverschärfungen aber ab. "Das geltende Recht bietet hinreichende Möglichkeiten, um ausreichend und angemessen auf Straftaten junger Menschen zu reagieren", heißt es in einem Beschluss, den der SPD-Vorstand am Montag auf seiner Klausur in Hannover fasste. Es gebe in Deutschland "kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugdefizit".

Die bestehenden Defizite müssten von den dafür zuständigen Ländern beseitigt werden. "Die schärfsten Gesetze laufen ins Leere, wenn Länder wie Hessen Polizeistellen radikal kürzen, bei Justiz- und Jugendhilfe sparen und die Prävention sträflich vernachlässigen." Jugendgerichte müssten besser ausgestattet werden. "In den Ländern sind die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass der ermittelte Tatverdächtige binnen eines Monats angeklagt und verurteilt werden kann", heißt es im SPD-Beschluss. Die Strafe müsse insbesondere von Intensivtätern binnen eines Monats angetreten werden.

Gewalt muss nach dem Willen der Sozialdemokraten konsequent bekämpft werden - dies gelte unabhängig davon, ob sie von Rechtsextremisten, Erwachsenen, Jugendlichen, Deutschen oder Nichtdeutschen ausgehe. "Notwendige Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendkriminalität sind gefordert - nicht Parolen. Wir wollen null Toleranz gegen Gewalt", heißt es in dem Beschluss.

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