Internetzensur in Dresden: Bündnis gegen Nazis blockiert

Die Staatsanwaltschaft hat die Internetseite eines Bündnisses gesperrt, das die Nazidemo gegen den "alliierten Bombenterror" blockieren will. Der Grund: Sie rufe zur Gewalt auf.

"Die Kriminalisierung unseres antifaschistischen Widerstands ist ein Skandal." Bild: plakatausschnitt

Das Aktionsbündnis "Nazifrei! Dresden stellt sich quer" musste mit ihrer Website www.dresden-nazifrei.de auf einen neuen Provider im Ausland ausweichen, weil die Staatsanwaltschaft Dresden erneut gegen ihren Slogan "Gemeinsam Blockieren" vorging. Die Seite wurde vom Provider gesperrt, seit Samstagnacht prangt auf der kriminalisierten Homepage das Wort "Zensiert". Der Aufruf zum Blockieren der Nazi-Aufmarsches zum "Gedenken an die deutschen Opfer des alliierten Bombenterrors" am 13. Februar ist jetzt unter www.dresden-nazifrei.com zu finden.

"Die Kriminalisierung unseres antifaschistischen Widerstands ist ein Skandal, der Vorwurf des Aufrufs zu Straftaten lächerlich", sagt Lena Roth vom Bündnis "Nazifrei – Dresden stellt sich quer!" der taz. Am Freitagnachmittag erreichte das Bündnis ein Fax des Landeskriminalamtes Sachsens. In dem Schreiben heißt es: "Die Staatsanwaltschaft Dresden hat nun verfügt, den technischen Provider auf die Strafbarkeit der Aufrufe, Plakate und Flyer hinzuweisen und diesen gleichzeitig aufzufordern die strafbaren Inhalte zu entfernen bzw. den Zugang zur Website (...) zu sperren". Erneut sieht die Staatsanwaltschaft in dem Aufruf "Gemeinsam blockieren" eine "öffentliche Aufforderung zu Straftaten".

Eine Rechtsinterpretation, die nicht stimme, betont Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie. "Blockaden sind vom Grundrecht auf Versammlung geschützt", hebt sie hervor. "Wir sind empört über die Razzien und die Sperrung der Internetseite", erklärt sie der taz.

Bereits am Dienstag hatte die Dresdener Staatsanwaltschaft in Berlin und Dresden Plakate und Flyer beschlagnahmen lassen. Zeitgleich waren am 19. Januar Ermittler im Antifa-Infoladens "Red Stuff" und dem Informationsbüro des bundesweiten Bündnis "Dresden Nazifrei" in der Landesgeschäftsstelle der Linken erschienen. Sie zogen etwa 7.000 Plakate und bis zu 30.000 Flyer ein."Die Staatsanwaltschaft ist offensichtlich beratungsresident und verfolgungswütig" betont Roth. Mit diesen Repressionen würden die Behörden der Mobilisierung der Neonazis massiv zuspielen.

Im vergangenen Jahre gelang es dem rechtsextremen Verein "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland e.V." (JLO) den größten rechtsextremen Aufmarsch nach 1945 in Europa an der Elbe auszurichten. An die 6.000 Teilnehmer aus allen Spektren der Szene waren gekommen, um den "deutschen Opfern des alliierten Bombenterrors" vom 13. Februar 1945 zu gedenken.

Die Repressionen sind auch für den Grünen-Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele "rechtlich nicht nachvollziehbar". Das Verlangen, die Internet-Adresse für die Proteste gegen den Nazi-Aufmarsch sofort abzuschalten, sei zudem "politisch instinktlos" so Ströbele. In einer Videobotschaft erklärt Liedermacher Konstantin Wecker, der wie Bela B. von der Band "Die Ärzte" zu den prominenten Unterstützern der Aktion gehört, dennoch in Dresden den Nazimarsch friedlich blockieren zu wollen. "Demokratie machen wir am besten selber", sagte er.

Zu der Aktion rufen mittlerweile rund 230 Organisationen und mehr als 800 Einzelpersonen auf. In einem Mobilisierungsvideo erklären die Linke-Bundestagsabgeordnete Katja Kipping und Christoph Ellinghaus vom Aktionsnetzwerk Jena, sich den Nazis entgegen zu stellen, weil es ihr "Recht" sei. Roth betont gegenüber der taz: "Unser Ziel ist klar: Wir werden blockieren!".

Unter dem Motto "Faxen gegen dumme Faxen", ruft das Bündnis wegen der Kriminalisierung und Internetzensur jetzt auch auf, Selbstanzeigen zu stellen. Die Idee: die inkriminierten Plakate ans Fenster hängen oder sie auf eigene Blogs und bei Facebook rinzustellen, und dann eine Selbstanzeige an die Staatsanwaltschaft zu faxen. Seit Freitagnachmittag ist die Staatsanwaltschaft Dresden für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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