Landtagsabgeordnete bleibt standhaft: Metzger behält ihr Mandat

Vier Stunden lang probierte die Fraktion, sie umzustimmen. Ohne Erfolg: Dissidentin Dagmar Metzger bleibt für die SPD im hessischen Landtag.

Vor zwei Wochen noch völlig unbekannt: Dagmar Metzger im Blitzlichtgewitter. Bild: dpa

WIESBADEN taz Dissidentin Dagmar Metzger legt ihr Landtagsmandat nicht nieder und weigert sich "aus Gewissensgründen" weiter standhaft, die sozialdemokratische Partei- und Landtagsfraktionsvorsitzende Andrea Ypsilanti, 50, mit zur Ministerpräsidentin zu wählen, falls dazu auch die Stimmen der Linken gebraucht werden. Ihr Haltung sei "von der Verfassung geschützt", sagte Metzger. Sie habe lange "alles abgewogen".

Vier Stunden lang hätten alle 41 Abgeordneten der Fraktion versucht, die "ehrlichste Frau Deutschlands" (Bild) umzustimmen oder zu einem Mandatsverzicht zu bewegen, berichtet Ypsilanti in einer Sitzungspause am frühen Nachmittag. "Alles vergeblich!" Sie werde deshalb am 5. April nicht mehr für das Amt der Ministerpräsidentin kandidieren, so Ypsilanti weiter: "Ich kann nicht für eine Mehrheit garantieren."

Danach tagte die Fraktion weiter. Sachanträge sollten erarbeitet und dann im Landtag zur Abstimmung eingebracht werden. Dafür nimmt die SPD im Landtag gerne "alle Stimmen an, die wir kriegen können", so Ypsilanti. Ergo auch die der Linken. Die Partei habe jetzt im Bund, aber auch in Hessen "in einem Prozess" zu klären, wie sie es zukünftig mit der Linken halte. Sollte danach eine grundsätzliche Entscheidung für eine Zusammenarbeit fallen, müsse sich auch "Frau Metzger" noch einmal neu ausrichten, so die Hoffnung von Ypsilanti. "On the long run" würden dann die Karten neu gemischt; auch im Hessischen Landtag.

Kurz vor der für 11 Uhr anberaumten Fraktionssitzung hatten sich Dagmar Metzger und ihr Schwager und Bodyguard Michael Metzger mit sanfter Gewalt einen Weg durch die Phalanx von Kamerateams und Journalisten gebahnt. Starr blickte Dagmar Metzger geradeaus und sagte kein Wort.

Dass die rein sozialdemokratische Familie Metzger mit politischem Einfluss über die Kommunalpolitik hinaus "wie ein Mann hinter der Entscheidung von Dagmar steht", versicherte ihr Schwager Michael Metzger gegenüber der taz. Allerdings habe die Familie "schon ruhigere Tage verlebt." Tausende von Mails mit Solidaritätsbekundungen habe Dagmar Metzger inzwischen erhalten, berichtet der 38 Jahre alte Journalist. Auch der Vorsitzende der Darmstädter SPD, Wolfgang Glenz, und der amtierende Oberbürgermeister Walter Hoffmann (SPD) stärkten Metzger den Rücken. Glenz forderte sie explizit auf, dem Duck nicht nachzugeben und ihr Mandat zu behalten.

Im Zusammenhang mit diesem Druck, der von der Parteiführung und der Landtagsfraktion auf die Landtagsabgeordnete Metzger ausgeübt wurde, sprach der aus dem Landtag ausscheidende Abgeordnete Bernd Riege gar von "Stasi-Methoden". Michael Metzger hält das für "überzogene Kritik". Er legt großen Wert auf die Feststellung, dass sich Dagmar Metzger ausschließlich gegen die Zusammenarbeit ihrer Partei mit der Linken gewandt habe "aus grundsätzlichen politischen Erwägungen" heraus und wegen des gegenteiligen Wahlversprechens. Dass sie aber ansonsten "alles" mittrage: Die komplette Programmatik sowieso, aber auch alle Personalentscheidungen. Tatsächlich hat Dagmar Metzger schon am Samstag auf der Fraktionssitzung in Frankfurt in geheimer Abstimmung Andrea Ypsilanti mit das Vertrauen ausgesprochen.

Gerüchte, wonach Metzger, die als Justiziarin einer Sparkasse in Darmstadt im Aufsichtsrat eines regionalen Energieversorgers sitzt, ihre Counterstrategie mit dem Ypsilanti-Kritiker Wolfgang Clement (RWE) abgestimmt habe, gegen den ein Parteiausschlussverfahren läuft, wies Michael Metzger zurück. Seine Schwägerin stehe ganz im Gegensatz zu Clement zu der von Ypsilanti und Hermann Scheer propagierten Energiewende für Hessen inklusive Atomausstieg.

Rückendeckung bekam Dagmar Metzger aus der Führungsriege der SPD: Bundestagsfraktionschef Peter Struck begrüßte ihre Entscheidung, das Mandat nicht niederzulegen. Es sei richtig, dass Parlamentarier ihrem Gewissen folgten, sagte Struck. Niemand könne ein SPD-Mitglied aus der Fraktion ausschließen, wenn es eine andere Ansicht vertrete.

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