Carsten Schneider über Steuersenkungen: "Die Regierung verjuxt das Geld"

Mit den Steuergeschenken lenkt die Bundesregierung von der Diskussion um die EU-Maßnahmen ab. Das ist der Vorwurf von Carsten Schneider, Haushaltspolitiker der SPD.

Konsolidierung versus Steuerentlastungen: "In guten Zeiten sollte man alles daran setzen, die Neuverschuldung des Haushalts schneller abzubauen." Bild: dpa

taz: Immer mehr Hilfsgelder gehen nach Griechenland, und die schwarz-gelbe Regierung will die Steuern senken. Wie geht das denn zusammen, Herr Schneider?

Carsten Schneider: Eigentlich gar nicht. Die ganze Diskussion ist eine Bluttransfusion für die FDP, damit die Partei zeigen kann, dass sie noch lebt. Mir scheint es, als wolle die Regierung ablenken von der Diskussion um die Euro-Maßnahmen. Mit der Realität hat das aber nichts zu tun.

Die Realität heißt allerdings: mehr Geld für Griechenland.

CARSTEN SCHNEIDER, 35, Bankkaufmann, ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Der Abgeordnete aus Erfurt sitzt als stellvertretendes Mitglied im Finanzausschuss.

Wir brauchen klare Ansagen, wie es in Europa weitergehen soll. Die aktuelle Regierung verjuxt das Geld der nächsten Regierung, egal wie die aussehen mag.

Was macht Sie denn da so sicher?

Ich gehe fest davon aus, dass Griechenland umgeschuldet wird. Anders kommt das Land nicht mehr auf die Beine. Je mehr sich Deutschland an Rettungsmaßnahmen beteiligt und private Gläubiger rauskauft, desto größer ist dann hinterher natürlich die Belastung. Deswegen fordert die SPD einen Schuldenschnitt für Griechenland, nur so gibt es eine substanzielle Beteiligung der privaten Banken. Diese Geldinstitute müssen sich nämlich auch an den Kosten der Krise beteiligen - was nicht passieren würde, wenn Länder wie Deutschland ihnen die Anleihen abkaufen.

Wann spürt das der deutsche Steuerzahler?

Ich schätze 2015, wenn Griechenland wieder an die Kapitalmärkte gehen soll. Dann wird es einen Schuldenschnitt geben, und das Geld muss dann in den Haushalten der anderen EU-Länder ganz real eingespart werden. Jetzt geht es ja nur um Garantien, also um Bürgschaften. Wir müssen uns aber wappnen für das, was noch kommt.

Deshalb hat Sparen jetzt oberste Priorität?

Sollte es zumindest sein. In guten Zeiten sollte man alles daran setzen, die Neuverschuldung des Haushalts schneller abzubauen und Vorsorge zu treffen, damit man in schlechten Zeiten wieder ein wenig Luft hat. Die schwäbische Hausfrau und jeder ordentliche Kaufmann würde das so machen. Was die Bundesregierung macht, ist, alle Probleme in die nächsten vier bis fünf Jahre zu verschieben.

Mal angenommen, es gebe diese europäische Krise um Griechenland nicht. Könnte man dann an Steuerentlastungen denken?

Nur wenn es ein Konzept zur Gegenfinanzierung gäbe.

Gibt es aber nicht.

Genau. Die Regierung will das aus dem Off machen, also mit den Steuermehreinnahmen. Das ist sehr kurzsichtig, denn diese Mehreinnahmen werden nicht ewig so hoch sein.

Die Bundesjustizministerin hat vor ein paar Tagen mit einem rot-gelben Bündnis geliebäugelt. Lassen Sie mich raten: Derzeit ist die FDP kein alternativer Partner?

Die Diskussion stellt sich gerade nicht. Grundsätzlich muss die SPD in alle Richtungen gesprächsfähig sein. Aber Sie haben Recht: Attraktiv ist die FDP für SPD derzeit nicht. Herr Rösler macht genau den gleichen Fehler wie Herr Westerwelle: Er macht die FDP zu einer ein-Thema-Partei. Solange sich das nicht ändert, sehe ich kein rot-gelbes Bündnis.

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