Senkung von Hartz IV gefordert: FDP pfeift Wirtschaftspolitiker zurück

In der Debatte über Hartz IV plädiert FDP-Wirtschaftspolitiker Lindner für eine Senkung der Regelsätze. Seine Fraktion versucht, ihn zu stoppen. Parteichef Westerwelle wurde indes angezeigt.

Ein A mit Kreis drumherum stand auch mal für etwas anderes. Bild: dpa

BERLIN dpa/ apn | Die FDP-Bundestagsfraktion hat einen Vorstoß ihres Wirtschaftspolitikers Martin Lindner für einen Abbau der Hartz-IV- Regelsätze gestoppt. "Eine Absenkung der Regelsätze wird von den zuständigen Fachpolitikern der FDP-Bundestagsfraktion nicht diskutiert", sagte Fraktionsvize Heinrich Kolb am Donnerstag in Berlin.

Die FDP strebe eine am tatsächlichen Bedarf ausgerichtete Neuregelung der Hartz-IV-Regelsätze an. Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion, Johannes Vogel, sagte: "Eine Kürzung steht dabei für die FDP aber überhaupt nicht zur Debatte."

Lindner hatte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" gesagt, die FDP wolle "Aufstockern ermöglichen, mehr hinzuzuverdienen. Dabei wird auch darüber zu sprechen sein, ob man nicht im Gegenzug die Regelsätze absenken muss, damit Vollbeschäftigte besser dastehen als Teilzeitjobber."

Ein Hartz-IV-Empfänger aus Filsum im niedersächsischen Kreis Leer hat FDP-Chef Guido Westerwelle indes wegen Beleidigung und Diskriminierung angezeigt. Der 42-Jährige Ostfriese fühle sich durch den Bundesaußenminister persönlich beleidigt, weil er selbst zum Kreis der Hartz-IV-Empfänger gehöre, sagte am Donnerstag ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Aurich und bestätigte einen Bericht des Hörfunksenders Hit-Radio Antenne.

Die Staatsanwaltschaft Aurich prüft derzeit noch, ob die Anzeige strafrechtlich relevante Tatbestände aufführt und ob gegen Westerwelle als Bundestagsabgeordneten Westerwelle deswegen überhaupt Ermittlungen möglich sind. Vorermittlungen oder ein Ermittlungsverfahren habe man bislang gegen den Bundesaußenminister nicht eingeleitet, sagte Oberstaatsanwalt Werner Kramer. Bei Bundestagsabgeordneten sei vor allen Ermittlungsschritten stets die Frage der Immunität zu klären.

Im Streit über Hartz IV kritisierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Westerwelle für seine Äußerungen nun auch persönlich. Die CDU interessiere sich als Volkspartei "nicht nur für Gruppen, sondern für alle", sagte die CDU-Vorsitzende mit Blick auf die Worte des FDP-Chefs zu den Hartz-IV-Sätzen. "Ich habe klargemacht, dass das, was Guido Westerwelle gesagt hat, nicht meine Worte sind. Das ist nicht mein Duktus", betonte Merkel bei einem Auftritt zum Politischen Aschermittwoch in Mecklenburg-Vorpommern.

Westerwelle hatte in der Debatte über angemessene Hartz-IV-Bezüge Empörung ausgelöst mit dem Satz: "Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein." Merkel attackierte auch heftig die Bundestags-Opposition wegen ihres Umgangs mit der Sozialstaats-Debatte: "Wenn ich mir anschaue, wie die Grünen und die Sozialdemokraten reagieren und kritisieren, dann kann ich nur sagen: was für ideenlose Menschen sind das eigentlich." Die SPD habe die in der Grundidee richtigen Hartz-IV-Regeln selbst eingeführt, sei aber über viele Jahre nicht bereit gewesen, "das, was fehlerhaft war, zu bereinigen und zu verändern. Von denen müssen wir uns nichts sagen lassen."

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