SPD stimmt für Beck-Agenda: Friede, Freude, Arbeitslosengeld I

Arbeitslose, die älter als 45 Jahre sind, sollen künftig 15 Monate Unterstützung erhalten - das will der SPD-Parteitag am Wochenende absegnen. Auch die CDU ist zugeneigt.

Nur Zwei stimmten dagegen: Der Streit über das Arbeitslosengeld I ist offiziell beendet. Bild: dpa

Der wochenlange Streit in der SPD über das Arbeitslosengeld I ist offiziell beendet. Der Parteivorstand hat sich am Montag hinter den Vorschlag von SPD-Chef Kurt Beck gestellt, das Arbeitslosengeld für Ältere auf bis zu 24 Monate zu verlängern. Bei der Abstimmung über diesen Punkt gab es bei den anwesenden 45 Mitgliedern des Gremiums nur zwei Gegenstimmen. Parteivize Jens Bullerjahn sowie die Gesundheitspolitikerin Marion Caspers-Merk votierten dagegen. Finanzminister Peer Steinbrück enthielt sich als Einziger der Stimme. Der Antrag soll nun am Wochenende dem SPD-Parteitag in Hamburg vorgelegt werden. Auch dort wird mit einer überwältigenden Mehrheit gerechnet.

Damit hat sich Beck gegen Arbeitsminister Franz Müntefering durchgesetzt, der eine Verlängerung des Arbeitslosengeldes I ablehnt. Der SPD-Vorsitzende berichtete auf einer Pressekonferenz, zwischen ihm und Müntefering habe es im Vorstand eine "sehr sachbezogene, sehr ruhige Diskussion" gegeben. Beide hatten noch einmal ihre unterschiedlichen Standpunkte dargelegt und sich dabei auf ihre Überzeugungen berufen. Außer Müntefering und ihm selbst habe sich niemand in der Debatte zu Wort gemeldet, sagte Beck. Mehrere Teilnehmer der Sitzung sprachen hinterher von einem "überraschend friedlichen, unaufgeregten Akt".

Da Müntefering nicht gewähltes Mitglied des Parteivorstands ist, konnte er an der Abstimmung nicht teilnehmen. Zuvor hatte er seine Partei jedoch erneut davor gewarnt, die Prinzipien der Agenda 2010 aufzugeben. Er warb dafür, die SPD-Politiker in der Regierung nicht zu schwächen. Die sozialdemokratischen Minister seien "keine Entsandten", sondern fester Teil der großen Koalition.

Müntefering versicherte jedoch gleichzeitig, dass er seine abweichende Position in der Öffentlichkeit nicht mehr offensiv vertreten werde. Er knüpfte diese Zusage an die Bedingung, dass das Beck-Lager nicht so tue, als sei er, Müntefering, auf ihre Linie eingeschwenkt. Auch der Parteivorsitzende machte deutlich, dass er den Streit jetzt für beendet halte. Er erwarte aber nicht, dass Müntefering seiner Haltung abschwört. "Wir sind nicht im Mittelalter."

Das Arbeitslosengeld I wird derzeit maximal zwölf Monate lang gezahlt, über 55-Jährige erhalten es bis zu 18 Monate. Der Beck-Vorschlag, der auf ein Modell des DGB zurückgeht, sieht vor, das Arbeitslosengeld I an über 45-Jährige künftig bis zu 15 Monate und an über 55-Jährige bis zu 24 Monate zu bezahlen.

Das längere Arbeitslosengeld gehört zu einem sozialpolitischen Neunpunkteprogramm, das auf dem Hamburger Parteitag beschlossen werden soll. Es beinhaltet auch flexiblere Übergänge in die Rente mit 67 Jahren, strengere Vorschriften bei der Leiharbeit sowie eine Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung von 4,2 auf 3,5 Prozent. Das Paket mit dem Namen "Reformen für ein soziales Deutschland" wurde vom Parteivorstand einstimmig angenommen; die Abstimmung erfolgte getrennt vom Vorschlag zum Arbeitslosengeld I. Der SPD-Vorsitzende schloss nach der Sitzung aus, dass die Debatte über weitere Änderungen an der Agenda 2010 weitergehen werde. "Es fordert jetzt niemand mehr etwas zusätzlich", sagte Beck.

Die SPD-Führung billigte außerdem ein Modell der Parteilinken, die Privatisierung der Bahn über ein Volksaktienmodell zu realisieren. Es soll den Einfluss von Großinvestoren begrenzen. Eine entsprechende Empfehlung an den Parteitag wurde bei zwei Neinstimmen und vier Enthaltungen beschlossen. Trotz dieser Festlegung bleibt die SPD-Position umstritten. Das zeigte sich auch daran, dass mit Steinbrück ein Verfechter und mit Juso-Chef Björn Böhning ein Kritiker der Bahnprivatisierung gegen das Modell stimmten. Die Debatte im Vorstand verlief heftig und emotional. Auf dem Parteitag wird ihre Fortsetzung erwartet.

Mit breiter Mehrheit beschloss der Vorstand die Weiterführung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Der US-geführte Antiterroreinsatz "Operation Enduring Freedom" soll einer Überprüfung unterzogen und gegebenenfalls unter UN-Mandat gestellt werden.

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