Moscheen in Niedersachsen: Innenminister will weiter kontrollieren

Obwohl die Personenkontrollen von Moschee-Besuchern rechtswidrig sind, will der Innenminister Niedersachsens daran festhalten. Dies sei wegen der islamischen Bedrohung notwendig.

Seit 2003 wurden zwei- bis fünfmal im Jahr Muslime kontrolliert. Bild: dpa

HANNOVER dpa | Die umstrittenen Moschee-Kontrollen in Niedersachsen sorgen offenbar für Streit und Diskussionen in der Landesregierung. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) hatte am Freitag berichtet, Ministerpräsident Christian Wulff habe seinen Innenminister Uwe Schünemann (beide CDU) in einem internen Gespräch gebeten, von den verdachtsunabhängigen Kontrollen Abstand zu nehmen.

Doch davon wollte das Innenministerium am Freitag nichts wissen. "Es gibt keine Entscheidung, dass hier irgendwas geändert wird", erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. Moschee-Besucher dürften demzufolge weiterhin kontrolliert werden, auch wenn kein konkreter Verdacht gegen sie vorliegt.

Über die Art und Weise der Aufklärung im Umfeld islamischer Gemeinden lasse sich das Kabinett am Dienstag vom Innenminister informieren - auch in Anlehnung rechtlicher Beurteilungen, hieß es am Freitag aus der niedersächsischen Staatskanzlei. Sowohl die Gefahr, die von islamistisch fundamentalistisch motivierter Gewalt ausgeht als auch das Recht der Muslime auf freie Religionsausübung müssen nach Auffassung von Wulff beachtet werden. Darüber hinaus wollte die Sprecherin nichts sagen. Man wolle dem Kabinettstreffen nicht vorgreifen.

Unter Berufung auf Regierungssprecher hatte die Zeitung berichtet, dass Wulff sehr viel klarere Worte gefunden hatte: Die Art und Weise, wie die Moschee-Kontrollen durchgeführt worden seien, gefalle ihm gar nicht, habe der Ministerpräsident Innenminister Schünemann gesagt und mehr Fingerspitzengefühl von ihm gefordert. Wulff wolle nicht, dass das Verhältnis zu den Muslimen unnötig erschwert werde.

Die Kontrollen im Umfeld der Moscheen sind aus Sicht des Innenministeriums jedoch unproblematisch, da es sich hier um einen "ganz normalen öffentlichen Raum" handelt. "Angesichts der Drohung durch den internationalen Terrorismus und angesichts der Bedrohung durch den Islamismus sind die Kontrollen lageabhängig eine Notwendigkeit", betonte der Sprecher. Der Glaube der Kontrollierten spiele keine Rolle. "Es kann jede Moschee frei betreten werden."

Sowohl der Ministerpräsident als auch der Innenminister seien sich einig, dass bei den Kontrollen im Umfeld von Moscheen jeder Anschein von Generalverdacht vermieden werden muss, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Ob Wulff dem Minister ein Ende der Kontrollen nahe gelegt hat, wollte er nicht sagen. Er habe selbst erst aus der Zeitung davon erfahren. Schünemann und Wulff wollten einen Dialog mit den muslimischen Gemeinden, betonte der Sprecher.

Die SPD-Landtagsfraktion sieht sich in der Diskussion um die Moschee-Kontrollen bestätigt und fordert die sofortige Einstellung. Im Gegensatz zu Schünemann wollte Wulff wohl nicht noch einmal sehenden Auges in eine verfassungs- bzw. verwaltungsgerichtliche Niederlage der Landesregierung "stolpern", teilte der migrationspolitische Sprecher der Landes-SPD, Klaus-Peter Bachmann, mit.

Während Wulff in den letzten Wochen stets geschwiegen habe und Schünemann gewähren ließ, sei die Expertise der Fachjuristen des niedersächsischen Landtags jetzt der "finale Blattschuss" gewesen. Seit 2003 wurden zwei- bis fünfmal im Jahr Muslime vor Betreten oder beim Verlassen der Gotteshäuser kontrolliert. Das war sowohl von der Opposition als auch dem Koalitionspartner FDP scharf kritisiert worden. Fachjuristen des niedersächsischen Landtags hatten am Mittwoch in einer Expertise festgestellt, die Kontrollen von Moscheen ohne konkreten Verdacht seien rechtlich nicht zulässig.

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