Unschuldig in Guantánamo: Kein Land will sie

Die Festung Guantánamo beginnt zu bröckeln. Wohin mit den Insassen, die seit Jahren schon vom US-Militär festgehalten werden? Drei Schicksale werden vorgestellt.

Maher Rafa al-Quwari: Der 1965 geborene Palästinenser ist staatenlos. Nach Angaben von amnesty international lebte er bis vor sieben Jahren ohne offiziellen Status im Libanon und in Jordanien. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

2001 reiste er nach Pakistan, weil er gehört hatte, dass die Vereinten Nationen dort Staatenlosen internationale Reisepapiere ausstellen. Auf seinem Weg dorthin arbeitete er in Afghanistan als Schafhändler. Als dort die US-Invasion begann, floh er in die Tora-Bora-Berge, wo sich auch viele Taliban versteckt hielten. Dort wurde er von Bauern aufgegriffen und gegen Geld der mit den USA verbündeten Nordallianz übergeben. Vierzig Tage später wurde er den US-Truppen überstellt.

Zunächst wurde Maher al-Quwari in Bagram und Kandahar (beide Afghanistan) festgehalten, wo er auch schwer gefoltert wurde. In Kandahar etwa wurde er - nach eigenen Angaben - fast zu Tode gewürgt. Seit Juni 2002 ist er in Guantánamo inhaftiert, in Camp 6, einem der Lagerteile mit den härtesten Isolationsbedingungen.

Im Februar 2007 wurde seinen Anwälten mitgeteilt, er könne entlassen werden. Doch es gibt kein Land, das Maher Rafa al-Quwari als Staatenlosen aufnehmen würde.

Adel Noori: Der etwa 37-jährige Hochschulabsolvent stammt aus China und gehört der muslimischen Minderheit der Uiguren an.

Nach Darstellung der US-Menschenrechtsorganisation Center for Constitutional Rights (CCR) wird Noori in China wegen "politischer Verbrechen" gesucht. Er soll in den 90er-Jahren an einer politischen Demonstration teilgenommen haben und war auch zeitweise inhaftiert. Deshalb floh er nach Afghanistan, wo er mit anderen geflohenen Uiguren gemeinsam in einem Dorf lebte. Nach Beginn der US-Invasion zerstreuten sich die Uiguren, doch Adel Noori wurde in Pakistan festgenommen. Gegen Kopfgeld wurde er an die Amerikaner verkauft und dann nach Guantánamo gebracht.

Schon 2003 sagte man den 22 dort einsitzenden Uiguren, dass sie freigelassen werden können. Doch nur fünf von ihnen wurden 2006 nach Albanien abgeschoben. Adel Noori wird von den USA immer noch als feindlicher Kämpfer eingestuft, laut CCR haben die USA aber nie Beweise hierfür vorgelegt. Eine Rückkehr nach China hält die Organisation für ausgeschlossen, weil ihm dort Haft, Folter oder gar der Tod droht. Ein Land, das Uiguren aus Guantánamo aufnimmt, müsste mit Druck aus China rechnen.

Abdul Aziz Naji: Der Algerier wurde 1975 geboren. 2001 arbeitete er für eine islamische Hilfsorganisation in Pakistan. Bei der Nothilfe in armen Dörfern trat er auf eine Mine und verlor einen Unterschenkel.

Im Mai 2002 besuchte er einen Mann im pakistanischen Peschawar, der ihm bei der Suche nach einer Frau helfen wollte. Als bei einer Razzia das Haus des Gastgebers von der Polizei gestürmt wurde, verhaftete sie auch Abdul Aziz. Die Polizei übergab ihn an US-Truppen, die ihn nach Guantánamo brachten.

Dort wurde ihm vorgeworfen, dass die Hilfsorganisation, für die er gearbeitet hatte, auch über einen militärischen Flügel verfüge, dem er zugerechnet wird. Nach Angaben des Center for Constitutional Rights haben die USA Abdul Aziz keine Verbindung zu gewalttätigen Aktivitäten nachweisen können. Im Gefangenenlager lebt Abdul Aziz mit einer Beinprothese, die ihm nicht richtig passt.

Eine Rückkehr nach Algerien lehnt der Mann ab. Ihm drohten dort Folter und Tod, weil er von den USA als islamischer Terrorist gebrandmarkt worden sei. Außerdem könnten fundamentalistische Gruppen ihn zu vereinnahmen versuchen, weil auch sie ihn wegen seiner Guantánamo-Inhaftierung für einen Terroristen halten.

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