Pläne zur Kostenbeschränkung: Noch mehr Gegenwind für Rösler

Kritik von allen Seiten an Gesundheitsminister Rösler: Der Nutzen seiner Pläne zur Kostenbeschränkung für Medikamente wird angezweifelt.

In keinem anderen europäischen Land sind die Preise für Medikamente so hoch wie in Deutschland. Bild: dpa

Kaum einen Tag nachdem die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler zur Beschränkung der Macht der Pharmaindustrie an die Öffentlichkeit gelangten, ist die als mutig geplante Initiative bereits in der Luft zerrissen. Fachexperten und Politiker aus allen Reihen kritisierten die Pläne des FDP-Mannes als unausgegoren und wirkungslos.

Rösler hatte am Mittwoch angekündigt, die Macht der Pharmaindustrie einschränken und damit bis zu zwei Milliarden Euro im Gesundheitssystem einsparen zu wollen. So plant der Minister, das Preismonopol zu brechen und Krankenkassen die Möglichkeit zu bieten, Preise für neue Medikamente mit den Pharmafirmen direkt zu verhandeln - auch Zwangsrabatte will er einführen. Zudem soll die Beweislast bei der Neueinführung von Medikamenten umgekehrt werden: Hersteller von Arzneimitteln müssen ab sofort darlegen, dass ein neues Medikament auch nützt. In keinem anderen europäischen Land sind die Preise für Medikamente so hoch wie in Deutschland.

Dass Rösler mit seinen Plänen Erfolg haben wird, muss aber bezweifelt werden - zu ungleich sind die aufeinandertreffenden Verhandlungspartner. Zu stark die Pharmafirmen, denen er jetzt an die Gewinne will. Dass dies so ist, hat der Minister durch die eigene Politik selbst verantwortet. Erst vor wenigen Wochen hat er den Chef des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), Peter Sawicki, entlassen. Sawicki galt als einer der wenigen einflussreichen Kritiker der Pharmabranche - einen Nachfolger gibt es noch nicht.

Ein Sprecher der größten deutschen Einzelkasse Barmer-GEK kritisierte, nach den aktuellen Plänen Röslers müssten sich die Kassen in den Preisverhandlungen mit den Medikamentenherstellern auf deren Eigenangaben verlassen, da sonst keine belastbaren Daten zum Nutzen vorliegen würden.

Der Vorstandschef der AOK Rheinland-Hamburg, Wilfried Jacobs, forderte im Kölner Stadt-Anzeiger, eine unabhängige Kosten-Nutzen-Prüfung müsse vor Preisverhandlungen stattfinden und nicht, wie in den Plänen gewollt, nur für den Fall bereits gescheiterter Verhandlungen.

Auch Politiker aller Fraktionen kritisieren die Pläne des Gesundheitsministers. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der taz, die Ideen seien "ausnahmslos Quatsch" und würden keinen Cent einsparen. "Röslers Pläne werden in ähnlicher Form seit Jahren von der Industrie gefordert - denn so erzielen die Konzerne immer eine Einigung auf einen hohen Preis", sagte Lauterbach. Der CDU-Politiker Jens Spahn forderte einen Gesundheitssoli der Pharmakonzerne.

Selbst in den eigenen Reihen verliert der angeschlagene Gesundheitsminister mittlerweile den Rückhalt für seine Ideen. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil verlangte im Tagesspiegel, "freiwilligen Regelungen den Vorrang vor Zwangsrabatten" zu geben - auch sein saarländischer Kollege Christoph Hartmann kündigte an, "für diese Pläne wird Philipp Rösler von uns keinen Beifall bekommen".

Seit gestern hat Rösler nun die Chance, die Diskussion wieder zu seinen Gunsten zu wenden - zusammen mit der Union diskutiert der Minister über ein gemeinsames Konzept innerhalb der Koalition. Rösler übt sich in Zweckoptimismus, ist "zuversichtlich, den Koalitionspartner mitnehmen zu können".

Die größte Hürde steht allerdings erst nächste Woche auf dem Programm des Novizen: Am Mittwoch startet die Regierungskommission zur Kopfpauschale - neuer Gegenwind ist auch dann wieder vorprogrammiert.

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