Gebäudereiniger-Mindestlohn ausgelaufen: Rückfall in den Niedriglohn

Zum Ende der großen Koalition sind die gesetzlichen Mindestlöhne für Gebäudereiniger ausgelaufen. Jetzt stehen die Zeichen auf Streik.

Gebäudereiniger am Dresdner World Trade Center. Bild: dpa

BERLIN taz | Es birgt schon eine gewisse Ironie, dass fast pünktlich zum Ende der

großen Koalition - nämlich zum 30. September - ein wichtiger Mindestlohntarifvertrag für rund 450.000 Beschäftigte ausläuft und kein neuer in Sicht ist. Denn die für die Innenreiniger in der Gebäudereinigerbranche gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen dem Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) zeigen Wohl und Wehe der deutschen Mindestlohnregelung, die die große Koalition verabschiedet hat.

Zwar können mittlerweile für Branchen, die in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen worden sind, flächendeckende Mindestlöhne gesetzlich vorgeschrieben werden, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaft darauf geeinigt haben, einen ausgehandelten Mindestlohntarifvertrag zur gesetzlichen Anerkennung dem Arbeitsministerium vorzulegen. Doch die Mindestlohntarifverträge laufen regelmäßig aus und müssen neu verhandelt werden. Je nach Durchsetzungsfähigkeit der Tarifparteien kommen dann für Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmerseite nicht nur mehr oder weniger befriedigende Ergebnisse heraus, sondern steht die Fortsetzung einer flächendeckenden und gesetzlich verbindlichen Mindestlohnregelung überhaupt zur Debatte.

Dringlich wird eine Einigung, weil die gesetzliche Mindestlohnverordnung nicht wie "normale" Tarifverträge an eine Nachwirkung gebunden ist, sondern ersatzlos entfällt. Arbeitgeber, die nicht dem BIV angehören bzw. den Mindestlohntarifvertrag nicht schon vor der gesetzlichen Verordnung unterschrieben hatten, können nach dem 30. September Löhne zahlen, die deutlich unter der gesetzlichen Mindestlohngrenze von derzeit 6,58 Euro im Osten und 8,15 Euro im Westen liegen.

Weil die IG Bau die Tarifverhandlungen nach mehreren Runden am 10. August für gescheitert erklärte, schiebt ihr die BIV im derzeitigen Tarifpoker die Verantwortung für künftige Niedriglöhne zu. Doch die Gewerkschaft will sich nicht erpressen lassen. Sie bleibt bei ihren Forderungen nach 8,7 Prozent mehr Lohn, einer stufenweisen Angleichung der Gehälter in Ost und West sowie dem Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge. Die Arbeitgeberseite hatte 3 Prozent (West) bzw. 3,6 Prozent (Ost) mehr Lohn geboten. Allerdings wollte die BIV erst ab dem 4. Monat einer neuen Tarifvertragslaufzeit mehr Lohn zahlen, so dass laut IG Bau real nur ein jährliches Plus von 1,8 Prozent (Ost) bzw. 2,1 Prozent (West) heraus käme. Dem Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge unter Arbeitgeberbeteiligung hat die BIV eine Absage erteilt, auch auf einen verbindlichen Stufenplan zur Angleichung der Gehälter wollte man sich nicht einlassen.

Also stehen die Zeichen auf Streik: "Schon vor der Urabstimmung am 1. Oktober kann es zu Warnstreiks kommen", kündigt IG Bau Bundesvorstandsmitglied Frank Wynands an. Er ist sich sicher, dass eine Mehrzahl der Beschäftigten für die Arbeitsniederlegung stimmen wird. Die könnten dann schon Mitte Oktober beginnen.

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