Kinderarmut: SPD will mehr Hartz IV für Kinder

Wolfgang Jüttner, Chef der Kommission zur Kinderarmut, fordert einen eigenständigen Hartz-IV-Regelsatz für Kinder, der deutlich über den jetzigen 208 Euro pro Monat liegt.

Wolfgang Jüttner (SPD): "Wir brauchen einen nationalen Pakt gegen Kinderarmut". Bild: dpa

BERLIN taz Die SPD fordert einen eigenständigen Hartz-IV-Regelsatz für Kinder. "Die jetzigen 208 Euro monatlich für Kinder unter 15 Jahren sind nicht angemessen", sagt Wolfgang Jüttner, niedersächsischer SPD-Fraktionschef und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl 2008, im Gespräch mit der taz. Jüttner ist zugleich Chef der kürzlich gegründeten SPD-Kommission zur Kinderarmut. Die Kommission tagt am Donnerstag zum ersten Mal.

Die Hartz-IV-Leistungen für Kinder orientieren sich bislang am Bedarf der Erwachsenen. Kinder unter 15 Jahren erhalten 60 Prozent des Erwachsenen-Regelsatzes von monatlich 347 Euro: also 208 Euro. Dieses Berechnungsgrundlage will die SPD-Kommission ändern. "Der Lebensalltag von Kindern sieht anders aus als der von Erwachsenen", sagt Jüttner. So bräuchten Kinder beispielsweise viel mehr Geld für Kleidung, weil sie regelmäßig aus ihren Sachen herauswachsen. Deswegen plädiert der SPD-Politiker für einen eigenen Hartz-IV-Regelsatz für Kinder. Auf eine Höhe will sich Jüttner noch nicht festlegen. Er betont aber: "Fast alle Experten sagen, ein Regelsatz für Kinder sollte 300 Euro pro Monat betragen."

Der bisherige Arbeitsminister Franz Müntefering hatte solche Pläne immer abgelehnt. Sein Ministerium wollte bis Ende des Jahres prüfen, ob der bisherige Regelsatz, also auch der für Kinder, wegen der aktuellen Preissteigerungen um ein paar Euro heraufgesetzt werden müsste. Der neue Arbeitsminister Olaf Scholz, der heute offiziell sein Amt antritt, hat sich dazu noch nicht geäußert.

Die Kinderarmutskommission der SPD ist Ende Oktober vom Parteitag in Hamburg eingesetzt worden. Ihr gehören Sozialdemokraten aus Bund, Ländern und Kommunen an. In ihr sitzen auch Vertreter von Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden, unter ihnen Heinz Hilgers, Vorsitzender des Kinderschutzbundes. Die Kommission wird von so renommierten Wissenschaftlern wie Klaus Hurrelmann, Professor für Sozial- und Gesundheitswissenschaften an der Uni Bielefeld, und Thomas Rauschenbach, Chef des Deutschen Jugendinstituts, beraten.

Das Gremium will bis zur Klausur des SPD-Vorstandes im Januar 2008 einen Zwischenbericht vorlegen. Darin sollen erste Maßnahmen gegen Kinderarmut vorgeschlagen werden. Der Abschlussbericht soll Ende 2008 oder Anfang 2009 vorliegen. "Wir brauchen einen nationalen Pakt gegen Kinderarmut", sagt Jüttner. "Wir wollen, dass kein einziges Kind zurückbleibt." In Deutschland sind offiziell 2,5 Millionen Kinder arm.

Die Kommission verfolgt dabei drei Hauptstrategien: Kampf gegen die Arbeitslosigkeit der Eltern, gezielte finanzielle Unterstützung bedürftiger Kinder sowie Verbesserung der sozialen Infrastruktur und der Bildungspolitik. Die Beitragsfreiheit in Kindertagesstätten gehört ebenso zu den Vorschlägen wie ein kostenloses Mittagessen in Kitas und Schulen sowie eine generelle Lernmittelfreiheit. Der Aufgabe sollen sich Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam stellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.