Satzung der Linkspartei im Saarland: "Stalinismus durch die Hintertür"

Im Saarland droht Mitgliedern der Linkspartei ein Ausschluss, wenn sie Genossen diffamieren. Die Parteispitze ist alarmiert und sieht darin einen Verstoß gegen die Bundessatzung.

Als er noch in der SPD war, wie hielt Lafontaine es da mit dem Passus "sich loyal gegenüber der Partei zu verhalten"? Bild: dapd

BERLIN taz | Die Linkspartei im Saarland sorgt für Unmut in der Bundespartei. Anlass ist ein Leitantrag zur Satzungsänderung, dem die Delegierten auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende zugestimmt haben.

Im neuen Paragraf 5 heißt es: "Gegen die Ordnung der Partei verstößt, wer Presse, Rundfunk, das Internet oder sonstige Medien dazu nutzt, die Partei (…) oder einzelne Mitglieder (…) zu diffamieren." Auch wer "vertrauliche Parteivorgänge veröffentlicht", verstößt gegen die Parteiordnung. Zudem gehört es zur Pflicht eines jeden Mitglieds, "sich loyal gegenüber der Partei zu verhalten".

Die Parteispitze in Berlin äußert jetzt Unverständnis und Kritik. "Das ist Stalinismus durch die Hintertür", sagte ein Mitglied des Parteivorstands der taz. Erschreckend sei, dass ein ganzer Landesparteitag dem zugestimmt habe. Andere fühlen sich an SED-Zeiten erinnert.

"Ich glaube nicht, dass wir über Satzungsfragen Probleme der Partei lösen können", sagte Dietmar Bartsch, Bundestagsfraktionsvize, der taz. Zudem widerspreche die Passage der Bundessatzung. Tatsächlich wird die Landessatzung hinfällig, sollte sich ein Mitglied wegen eines drohenden Ausschlusses an die Bundesschiedskommission wenden. Dennoch sei es ein "verheerendes Signal", heißt es aus dem Parteivorstand.

Die Saar-Linke um den Fraktionschef Oskar Lafontaine und den Parteichef Rolf Linsler versucht derweil, die Satzungsänderung herunterzuspielen. "Es geht nicht darum, die Pressefreiheit zu beschränken oder Mitglieder davon abzuhalten, mit der Presse zu sprechen", sagte Parteisprecher Martin Sommer.

In der Vergangenheit hätten einige wenige Parteimitglieder über die Medien persönliche Streitigkeiten mit GenossInnen ausgetragen und diese persönlich schwer angegriffen. Es gehe darum, als relativ junge Partei handlungsfähig zu bleiben.

Der Politikwissenschafter Gero Neugebauer vom Otto-Suhr-Institut der FU Berlin kritisierte die Satzungsänderung als absurd. "In Zeiten, in denen Parteien wegen mangelnder Transparenz ihrer Entscheidungen in der öffentlichen Kritik stehen, mutet es sehr seltsam an, wenn ein Landesverband derartige Regeln einführt", sagte er. Ihm seien keine entsprechenden Satzungen anderer Parteien bekannt.

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