RAF-Mordfall Siegfried Buback: Von Vaters Behörde im Stich gelassen?

Generalbundesanwältin Harms äußert Verständnis für den Wunsch von Michael Buback, den Todesschützen zu kennen. Rechtlich relevant sei das aber nicht.

Michael Buback fühlt sich von ihr "eisig" abgefertigt: Generalbundesanwältin Harms.

FREIBURG taz Michael Buback spricht von "Verrat". Schlimm ist für ihn nicht nur, dass er glaubt, der Staat habe die Mörder seines Vaters gedeckt. Noch schlimmer ist, dass sich ausgerechnet die Bundesanwaltschaft, also die Behörde, die sein Vater einst leitete, daran beteiligte. Und am schlimmsten ist für ihn wohl, dass die Bundesanwälte heute seine Wahrheitssuche kaum unterstützen. Von der aktuellen Generalbundesanwältin Monika Harms fühlt er sich "eisig" abgefertigt, wie ein lästiger Bittsteller.

Früher war das anders. "Wir fühlten uns geborgen bei der Bundesanwaltschaft", erinnert sich Buback an die Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Attentats, 1997. Die ehemaligen Kollegen seines Vaters waren ihm und seiner Frau wie eine Familie.

Groß war deshalb der Schock, als Harms Ende April 2007 einräumte, in der Bundesanwaltschaft habe man schon Anfang der 80er-Jahre über geheime Hinweise zum Tatablauf beim Buback-Mord verfügt. Die Karlsruher Behörde hatte also mehr als 25 Jahre gewusst, dass die offizielle Tatversion zweifelhaft war, aber nichts unternommen, dies näher aufzuklären. Was Buback besonders übel nahm: Die eingeweihten Bundesanwälte hatten nicht einmal gegenüber den Angehörigen der Opfer eine Andeutung gemacht.

Buback wollte jetzt mehr wissen, sprach mit Zeugen von damals, meldete sich in den Medien zu Wort. Bei der Bundesanwaltschaft sah man das gar nicht gerne, warnte ihn vor Pressekontakten. Angeblich behinderten sie die neu aufgenommenen Ermittlungen gegen Stefan Wisniewski.

Für die Bundesanwaltschaft war die Situation misslich. Ausgerechnet im Terror-Gedenkjahr 2007 war der Eindruck entstanden, dass möglicherweise die falschen Täter angeklagt und verurteilt wurden. Harms trat dem vehement entgegen. Für eine Verurteilung als "Mittäter" genüge es, wenn jemand an der Vorbereitung der gemeinsam gewollten Tat beteiligt war. Michael Bubacks Wunsch, zu wissen, wer konkret die Waffe auf seinen Vater richtete, sei zwar verständlich, aber juristisch nicht relevant. In Karlsruhe fand man es nicht so tragisch, dass weder Wisniewski noch die inzwischen auch verdächtigte Verena Becker wegen des Buback-Attentats angeklagt wurden - schließlich hatten sie wegen anderer Delikte ja ebenfalls "lebenslang" erhalten.

Ex-Bundesanwalt Joachim Lampe, der Becker einst angeklagt hatte, wehrte sich im taz-Interview gegen den Vorwurf, die Terroristin sei vom Staat gedeckt worden. Becker habe bei ihrer Festnahme 1977 in Singen "vor den Augen der ganzen Stadt" auf Polizisten geschossen. "Ich wollte einen schnellen und von der Öffentlichkeit überschaubaren Prozess." Der Justiz steckte noch der Stammheimer RAF-Prozess gegen Baader, Ensslin und Co. in den Knochen.

Buback jedoch hielt solche prozessökonomischen Überlegungen für vorgeschoben. Für ihn war es selbstverständlich, dass der Mord an einem Generalbundesanwalt detailliert aufgeklärt werden musste. Tatsächlich reagierte dann auch die Bundesanwaltschaft auf Bubacks Drängen. Sie machte ihm Unterlagen zugänglich, beantragte - letztlich erfolglos - Beugehaft gegen Christian Klar, Knut Folkerts und Brigitte Mohnhaupt und eröffnete schließlich noch ein Ermittlungsverfahren gegen Verena Becker. So konnten alte Schweißspuren mit aktuellem DNA-Material von Becker verglichen werden. Die Untersuchung ergab vor wenigen Wochen, dass die Spuren nicht von Becker stammten.

Buback war unzufrieden. Seiner Ansicht nach hat die Bundesanwaltschaft die falschen Spuren verglichen. Er vermutet hinter dem DNA-Test nur ein neues Ablenkungsmanöver - zugunsten von Verena Becker.

CHRISTIAN RATH

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