Sachsen will Pressemitteilungen überwachen: "Zensurklausel" für Anti-Rechts-Projekte

Vereine, die für ihr Engagement gegen Rechts Fördergeld bekommen wollen, müssen ihre Pressemeldungen in Zukunft der Landesregierung vorlegen.

Gegner einer Neonazi-Demonstration in Dresden bekunden ihren Protest. In Sachsen wird die Arbeit gegen Rechts schwerer. Bild: dpa

DRESDEN taz | In Sachsen müssen Projekte für Demokratie und gegen Rechtsextremismus ihre Pressearbeit künftig mit der Landesregierung abstimmen. Wer finanzielle Zuwendungen vom Staat erhält, soll dem Sozialministerium seine Presseerklärungen, Veröffentlichungen und Broschüren vorlegen.

"Ein Trauerspiel des staatlichen Misstrauens gegenüber der Zivilgesellschaft", sagt Miro Jennerjahn, demokratiepolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion. Henning Homann, Sprecher für demokratische Kultur der SPD-Fraktion, sagt: "Das Ministerium erweckt den Eindruck der Zensur."

Bisher legten die Projekte in den Bundesländern Broschüren und Plakate vor Druck vor - was zur Kenntnis genommen wurde. Nun will das sächsische Sozialministerium vorab selbst die Pressemitteilungen sehen. "Die Vorlage eines Entwurfs ist unumgänglich", erklärte ein Ministeriumssprecher - und gab sich unschuldig. Denn: Der jetzt eingeführte Passus in den Förderbescheiden des Landesministeriums würde allein den Vorgaben des Bundesfamilienministeriums folgen, so der Sprecher.

Das stimme so nicht, sagt die Opposition. "Die Bedingung, dass jede einzelne Pressemitteilung von Demokratieprojekten durch die Landesbehörde genehmigt wird, ist ein Alleingang Sachsens", sagt SPD-Politiker Homann. "In den anderen Bundesländer ist diese Zensurklausel unbekannt."

Schon mit der umstrittenen "Extremismusklausel" habe die sächsische Landesregierung den Anti-rechts-Projekten engere Daumenschrauben als andere Landesregierungen angelegt, sagt Grünen-Politiker Jennerjahn. "Diese werden jetzt noch fester angezogen."

Bisher sind von der Verschärfung das Kulturbüro Sachsen und die Opferberatung der Regionalen Anlaufstellen für Ausländerfragen Sachsens betroffen.

Die geförderten Initiativen hätten das Recht auf freie Meinungsäußerung, auch dann, wenn sie die Staatsregierung kritisieren würden, sagt Jennerjahn. Homann befürchtet, dass so nicht bloß Presseerklärungen zensiert werden könnten, sondern dass auch die Dokumentationen der Initiativen zu rechts motivierten Straftaten, die teilweise erheblich von den Zahlen der Behörden abweichen, unterbunden werden könnten. "Die Situation verbessert sich aber nicht, indem man jenen, die das anprangern, einen Maulkorb anlegt." Grüne und SPD fordern, den Passus für nichtig zu erklären.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.