Ausgemergelte Afrikaner erreichen Gomera: Tote bei Flüchtlingskatastrophe

Ein Fischerboot aus Guinea Bissau mit 59 Afrikanern hat die Kanaren-Insel Gomera erreicht. Vier der Flüchtlinge an Bord sind tot, die anderen halb verhungert und verdurstet.

Je besser das Wetter, um so mehr Boote legen in Afrika Richtung Kanaren ab: Flüchtling (Archivfoto von 2006) Bild: dpa

Es war ein schreckliches Bild, das sich der spanischen Küstenwacht und dem Roten Kreuz bot. Am Freitag erreichte ein 17 Meter langes offenes Fischerboot die Kanaren-Insel Gomera. 59 Immigranten lagen im Boot. Die meisten waren bewusstlos, vier von ihnen tot. Einer starb im Krankenhaus. Die völlig ausgemergelten Menschen hatten seit fünf Tagen weder gegessen noch getrunken. Bei praller Sonne setzten sie dennoch ihre Fahrt zum Außenposten Europas fort. Zehn Insassen verstarben auf hoher See. Sie wurden von den Überlebenden über Bord geworfen.

Das Holzboot war zwei Wochen zuvor im westafrikanischen Guinea-Bissau losgefahren. Unterwegs hatte es immer wieder in kleinen Buchten angelegt und weitere Flüchtlinge in Gambia, dem Senegal und in Mauretanien aufgenommen.

Es war nicht die erste Tragödie dieses Sommers und sicher auch nicht die letzte. Alleine in der vergangenen Woche verloren mindestens 46 Menschen ihr Leben auf der Fahrt von Afrika nach Spanien. Jährlich, so schätzen afrikanische NGOs, erleiden tausende von Flüchtlingen dieses Schicksal. 4.588 Flüchtlinge erreichten dieses Jahr die Kanarischen Inseln.

Je besser das Wetter, umso mehr Boote legen in Afrika Richtung Kanaren, aber auch Südspanien ab. Bereits in der Nacht auf Donnerstag waren 15 Tote vor der Küste der südspanischen Provinz Almería zu beklagen. Unter ihnen befanden sich neun Babys. Das Boot wollte von Marokkos Nordküste nach Andalusien übersetzen. An der engsten Stelle trennen gerade einmal 14 Kilometer die beiden Kontinente. Doch da Europa die Meerenge von Gibraltar immer besser kontrolliert, wählen viele Boote den weiteren Weg nach Almería.

Über 150 Kilometer ist hier das Mittelmeer breit. Eigentlich ist dies bei ruhiger See auch in einem großen Schlauchboot zu schaffen - wenn nicht, wie im Falle der Verunglückten, der Motor ausfällt. Fünf Tage trieb das Boot nach Angaben der 33 Überlebenden auf dem Meer, bis es 50 Kilometer vor der spanischen Küste entdeckt wurde. An Bord hatten sich ähnlich grausame Szenen abgespielt wie auf dem Boot vor Gomera. Nach und nach verstarben Bootsinsassen. Sie wurden von den Überlebenden in die Fluten geworfen. Eine Schwangere erlitt an Bord eine Fehlgeburt.

Bereits am Montag war ein Flüchtlingsboot vor der Küste von Motril in der südspanischen Provinz Granada gekentert. 14 Flüchtlinge verloren ihr Leben, 23 wurden gerettet. Weitere 175 Flüchtlinge wurden am Mittwoch auf hoher See von der spanischen Küstenwacht festgenommen.

Auch an anderen Stellen des Mittelmeeres versuchen die Flüchtlinge ihr Glück. Vor Malta ertranken bei einem Bootsunglück drei Menschen. 80 weitere Flüchtlinge wurden von der Küstenwacht aufgenommen. Auch in der griechischen Ägäis wurden über 100 Flüchtlinge aufgegriffen. Sie kamen meist aus Afghanistan und dem Irak.

"Vor unseren Küsten spielen sich Tragödien ab. Wir müssen etwas unternehmen", erklärte Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero letzte Woche bei einem Treffen mit seinem griechischen Amtskollegen Kostas Karamanlis. Was, darüber schwiegen sich die beiden aus. Bisher wurden nach jedem Unglück die Kontrolle weiter ausgebaut und der Druck auf die Küstenstaaten in Afrika verstärkt, keine Boote ablegen zu lassen. Die Überlebenden der Bootstragödien müssen damit rechnen, abgeschoben zu werden.

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