Gericht stellt fest: Britischer Geheimdienst folterte mit

Die britische Regierung wollte die Beteiligung des Geheimdienstes an US-Folter vertuschen. Ein Gericht ordnete nun die Veröffentlichung geheimer Papiere an. Nun sind die USA nervös.

Ohne Rücksicht im Kampf gegen Terror: Polizist in der Londoner Downing Street. Bild: dpa

DUBLIN taz | Die US-Regierung hat angedroht, die Zusammenarbeit ihrer Geheimdienste mit den britischen Kollegen vom MI5 bei der Terrorismusbekämpfung einzuschränken. Sie reagierte damit auf die Anordnung eines britischen Gerichts vom Mittwoch, Geheimpapiere zu veröffentlichen, in denen es um die Folter des in Großbritannien ansässigen Binyam Mohamed durch die CIA geht. Der Sprecher des Weißen Hauses Ben LaBolt sagte: "Wir haben diese Papiere im Vertrauen und mit bestimmten Erwartungen weitergegeben." Das Gerichtsurteil werde die künftige Kooperation komplizieren.

Mohamed war der erste Guantánamo-Häftling, der nach dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama freigelassen wurde. Der 1978 in Äthiopien geborene Mohamed kam im Jahr 2000 als Student nach Großbritannien. Ein Jahr später konvertierte er zum Islam. Nach einem Aufenthalt in Pakistan wurde er im April 2002 auf dem Flughafen von Karatschi verhaftet, als er - angeblich mit einem gefälschten britischen Pass - zurück nach London fliegen wollte. Nach 18 Monaten verschleppte man ihn nach Afghanistan, anschließend nach Marokko, im September 2004 kam er nach Guantánamo. Die USA warfen ihm vor, an einem Kurs zur Herstellung von radioaktiven Bomben teilgenommen zu haben. Nach monatelanger Folter unterschrieb Mohamed ein Geständnis. Im Oktober 2007 wurden alle Vorwürfe gegen ihn fallengelassen, doch er blieb bis zum Januar 2010 weiterhin in Haft.

Aus den nun veröffentlichen Unterlagen über das Verhör im Jahr 2002 geht hervor, dass die US-Agenten Mohamed drohten, ihn "verschwinden" zu lassen. Auch habe man ihn "fortlaufendem Schlafentzug" ausgesetzt. Im Urteil vom Mittwoch heißt es, die Behandlung Mohameds durch die US-Behörden könne "ohne Weiteres zumindest als grausam, unmenschlich und erniedrigend eingestuft" werden. Der britische Außenminister David Miliband sagte, Mohameds Sieg vor Gericht beweise, dass das britische Justizsystem funktioniere. Genau das hatte er bis zum Schluss verhindern wollen. Miliband hatte sich von der US-Regierung bescheinigen lassen, dass die geheimdienstliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern möglicherweise eingestellt würde. Die Richter des High Court erklärten dagegen, dass die Veröffentlichung des Materials "dem öffentlichen Interesse nicht den geringsten Schaden zufügen" würden. Einen Teilerfolg konnte Miliband jedoch erzielen. Lord Neuberger, einer der höchsten britischen Richter, zog kurz vor der Urteilsverkündung seine harschen Worte über den MI5 auf Druck des Außenministers zurück. Bekannt wurden sie dennoch, wenn auch über einen Umweg: Mohameds Anwälte setzten durch, dass ein Brief von Milibands Anwalt Jonathan Sumption veröffentlicht wurde, in dem er auf Neubergers Kritik eingeht. Nach dessen Einschätzung sei der MI5 an der Misshandlung Mohameds beteiligt gewesen und habe die Menschenrechte missachtet sowie das Parlament absichtlich getäuscht. Neuberger sagte, er habe bei der Streichung dieses Absatzes möglicherweise voreilig gehandelt. Das Gericht will heute darüber beraten, ob der ursprüngliche Text doch noch veröffentlicht werden soll. Die Menschenrechtsorganisationen Liberty und Amnesty International forderten eine öffentliche Untersuchung der Teilnahme des MI5 an der Folter von Gefangenen. Shami Chakrabarti, die Direktorin von Liberty, sagte, das sei nun unausweichlich. Miliband sagte, eine Verwicklung britischer Stellen in den Fall werde geprüft.

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